Griechenland

Moria: Lage auf Lesbos bleibt gespannt, Wien schickt Soforthilfe

Migrants new temporary camp on the island of Lesbos
Migrants new temporary camp on the island of LesbosREUTERS
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Hilfsorganisationen und Grüne fordert weiterhin Aufnahme von Flüchtlingen. 300 Menschen wurden indes in einem provisorisch errichteten Zeltlager untergebracht.

Auf der griechischen Insel Lesbos bleibt die Lage auch nach Öffnung erster Ersatz-Unterkünfte für Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria angespannt. Die griechische Regierung schickte am Sonntag weitere Polizeieinheiten sowie gepanzerte Geländefahrzeuge auf die Insel. Mehr als 300 Menschen konnten ein provisorisch errichtetes Zeltlager beziehen.

Bei Corona-Tests wurde festgestellt, dass sieben von ihnen infiziert sind. Tausende Migranten leben jedoch nach wie vor auf der Straße. Viele wehren sich verzweifelt dagegen, erneut in ein Lager gebracht zu werden. Österreich bot Griechenland unterdessen Soforthilfe mit 400 vollausgestatteten Zelten für 2.000 Personen (mit Heizungen, Betten, Decken, etc.) und Hygienepakete an. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) telefonierte diesbezüglich mit seinem Amtskollegen Migrationsminister Notis Mitarakis, der ihm für die Unterstützung dankte.

Am Sonntag berichteten griechische Medien, dass einige Migranten andere daran hinderten, das frisch errichtete Zeltlager zu beziehen. Das bestätigte auch ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation der Deutschen Presse-Agentur. Griechenlands Bürgerschutzminister Michalis Chrysohoidis wandte sich mit einer Warnung an die militanten Migranten: Griechenland sei ein Rechtsstaat, man werde auch nicht die kleinste illegale Aktion akzeptieren. Wer andere daran hindere, das Lager zu beziehen, müssen mit Konsequenzen rechnen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) bot den griechischen Behörden außerdem einen Arzt und zehn Sanitäter vom Bundesheer für einen Einsatz in Lesbos an.

NGOs begrüßen Soforthilfe

Österreichische Hilfsorganisation begrüßten die Hilfe und vor allem die von der Regierung angekündigte Verdoppelung des Auslandskatastrophenfonds (AKF). Caritas, Rotes Kreuz und Ärzte ohne Grenzen fordert aber weiterhin, dass Österreich Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager in Moria aufnimmt.

Auch die Grünen betonten, weiterhin darauf zu bestehen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte, die Soforthilfe und AKF-Aufstockung seien "Teilerfolge". Er sei überzeugt davon, "dass wir auch in diesem Thema Teil der europäischen Solidarität sein und Kinder aufnehmen sollen", meinte Anschober am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Die Stadt Innsbruck erneuerte unterdessen ihr Angebot, 50 Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen.

Griechenland bleibt hart

Griechenland bleibt weiterhin hart bei der Strategie, über die bereits aus Moria ausgeflogenen unbegleiteten Minderjährigen hinaus keine Flüchtlinge aufs Festland zu lassen. Das sieht zum einen der Flüchtlingspakt zwischen der EU und Türkei nicht vor; außerdem fürchtet Athen, dass es auch in anderen Lagern Unruhen und Brandstiftungen gibt, wenn die Migranten auf Lesbos mit ihrer Gegenwehr Erfolg haben. Die große Mehrheit will aufs Festland und dann weiter nach Mittel- und Nordeuropa.

Unter den mehr als 12.000 Menschen, die seit dem Großbrand am Mittwoch im Flüchtlingslager Moria obdachlos sind, finden sich zahlreiche Familien mit Tausenden Minderjährige. Viele von ihnen sind auf den Schutz des Lagers angewiesen, weil sie kein Dach mehr über dem Kopf haben und auch keinen Zugang zu sanitären Anlagen oder fließendem Wasser. Nach Medienberichten soll ein aggressive Gruppe vor allem afghanischer Migranten für Unruhen, Brandstiftungen und auch Drohungen gegen andere Migranten verantwortlich sein.

Migrationsminister Mitarakis (Mitarachi) erklärte am Sonntag im Fernsehen, im neuen Lager sei sowohl für Essensausgabe und sanitäre Anlagen als auch die gesundheitliche Versorgung gesorgt. Er gehe davon aus, dass sich die gesamte Situation innerhalb der nächsten Tage beruhigen und verbessern werde. Die sieben Corona-Infizierten wurden zur Isolation in einen abgelegenen Teil des Lagers gebracht.

Baby mit Corona-Symtpomen

Noch ist nicht klar, ob und wie stark sich das Virus unter den Menschen ausbreiten konnte. Vor dem Großbrand am vergangenen Mittwoch waren 35 Migranten positiv getestet worden. Sie waren im folgenden Chaos aber nicht mehr auffindbar. Am Samstag kam ein 20 Tage altes Baby einer afghanischen Familie mit Corona-Symptomen ins Inselkrankenhaus. Später wurde es mit seiner Mutter nach Athen gebracht.

Angesichts des Elends rief Papst Franziskus Europa zum Handeln auf. Der 83-Jährige erinnerte in Rom an einen Besuch auf Lesbos 2016 und seinen damaligen Appell für eine "menschenwürdige Aufnahme der Frauen und Männer, der Migranten und Flüchtlinge, derjenigen, die Asyl in Europa suchen".

Unterdessen ging auch die deutsche Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen weiter. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte in der "Bild am Sonntag": "Deutschland muss hier vorangehen und kann sich auch unabhängig von der Entscheidung anderer EU-Länder zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge bereit erklären." Die Ankündigung des Innenministers Horst Seehofer (CSU), in einem ersten Schritt 100 bis 150 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen, reiche nicht aus. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte demselben Blatt: "Deutschland sollte als Vorbild vorangehen, gern auch mit anderen Europäern in einer Koalition der Willigen."

(APA)

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