Astrobiologie

Zarte Hinweise auf Leben in der Venus-Atmosphäre?

Die unwirtliche Venus.
Die unwirtliche Venus.(c) imago images/Shotshop (Markus Gann via www.imago-images.de)
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In den Wolken der Venus haben Astronomen ein spektroskopisches Signal des Moleküls Phosphan detektiert. Sie können nicht erklären, wie das unter so sauren Bedingungen möglich ist - und bieten als eine mögliche Erklärung die Existenz von fremdartigem Leben an.

Leben auf der Venus? Schon 1967 spekulierte der fantasiereiche Astronom Carl Sagan, es könnte solches geben. Nicht auf der Oberfläche freilich – dort hat es an die 450 Grad Celsius –, aber in den dichten Wolken unserer planetarischen Nachbarin. Die Tröpfchen, die diese Wolken bilden, bestehen zum großen Teil aus Schwefelsäure, die nicht zu Unrecht als durchaus lebensfeindlich gilt. Wobei Bakterien auch auf der Erde oft unter erstaunlich extremen Bedingungen leben. Und an Kohlendioxid und Sonnenlicht mangelt es wenigstens nicht in der Venus-Atmosphäre, sogar Wasser kommt dort in Spuren vor . . .

Pendant zu Ammoniak

Proben aus den Wolken der Venus hat uns noch keine Sonde gebracht, also ist man auf Spektroskopie angewiesen: Wenn Licht einer bestimmten Wellenlänge von einem Molekül absorbiert wird, fehlt genau dieses Licht im Spektrum. Und so suchten Astronomen um Jane Greaves (Uni Cambridge) mit dem James-Clerk-Maxwell-Teleskop auf Hawaii und dem Atacama-Teleskop in den chilenischen Anden nach einem solchen spektroskopischen Signal für das Molekül Phosphan (PH3), korrekter Monophosphan und früher auch Phosphin genannt. Dieses ist freilich durchaus kein organisches oder gar für Leben typisches Molekül. Es ist das (für uns) sehr giftige Phosphor-Analogon zur ätzenden Stickstoff-Verbindung Ammoniak (NH3). Und wie dieser sollte es in stark saurem und oxidierendem Milieu, wie es Schwefelsäure-Tröpfchen bieten, nicht stabil sein, sondern rasch oxidiert werden. Wenn sich Phosphan nachweisen lässt, spricht das also dafür, dass dieses immer wieder neu gebildet wird.

Tatsächlich fanden die Forscher in den Wolken der Venus ein Signal, das für Phosphan typisch ist: bei einer Wellenlänge von ca. 1,1 Millimeter. Allerdings konnten sie kein anderes Phosphan-Signal entdecken (ein Molekül hat meist mehrere typische Signale). Dennoch schließen sie aus ihren Messungen auf eine PH3-Konzentration von 20 ppb (Teilchen pro Milliarde Teilchen) in den Wolken. Das könne kein bisher bekannter chemischer Prozess erklären, schreiben sie in Nature Astronomy (14. 9.), es müsse ein Prozess sein, den man bisher nicht für plausibel gehalten hat: „Das könnte unbekannte Photochemie oder Geochemie sein, oder vielleicht Leben.“ Wobei sie sofort einräumen, dass auch Ideen darüber, wie hypothetische Organismen auf der Venus Phosphan erzeugen könnten, „hoch spekulativ“ seien. „Selbst wenn sich die Messungen bestätigen lassen“, schreiben sie am Schluss, „betonen wir, dass die Detektion von PH3 kein belastbarer Hinweis auf Leben ist, nur für anormale und unerklärte Chemie“. Wie sie in so unirdischen Bedingungen durchaus denkbar ist, darf man hinzufügen.

(c) APA/AFP/European Southern Observatory/M. KORNMESSER/L. CALCADA (M. KORNMESSER L. CALCADA)

Die Nasa spekuliert wild

Dennoch ließen die Forscher es sich nicht nehmen, in einer eigens einberufenen Pressekonferenz diese hoch spekulative Erklärungsmöglichkeit zu betonen. "Wir behaupten nicht, dass wir Leben auf der Venus gefunden haben", sagte Ko-Autorin Sara Seager vom Massachusetts Institute of Technology: "Wir haben das Gas Monophosphan detektiert, dessen Herkunft ein Geheimnis ist."

Dennoch brachten etliche Online-Medien bereits Titel wie „Lebensspuren auf der Venus“ (ohne das diesfalls obligate Fragezeichen). Und die Nasa, die ja gern und oft über Leben im All spekuliert – vor allem auf unserem anderen Nachbarplaneten, dem Mars – sprach gleich vom „bisher größten Fortschritt in der Suche nach möglichem außerirdischen Leben“. Auf Twitter verwies ihr derzeitiger Chef Jim Bridenstine gleich darauf, dass die Nasa vor zehn Jahren mikrobische Lebensformen rund 12.000 Kilometer über der Erde in der oberen Atmosphäre unseres Planeten entdeckt hat. Nun aber sei es an der Zeit, bei der Suche nach außerirdischem Leben "den Vorrang auf die Venus zu legen".

„Interessant“ nennt die österreichische Astrobiologin Pascale Ehrenfreund (George Washington University) die Entdeckung. Sie verweist darauf, dass es früher sogar flüssiges Wasser auf der Oberfläche der Venus gegeben habe. Erst der galoppierende Treibhauseffekt habe diese zu einem extrem lebensfeindlichen Planeten gemacht. In den oberen Atmosphärenschichten herrschen vergleichsweise moderate Temperaturen.

Christine Moissl-Eichinger vom Zentrum für Mikrobiomforschung und dem "Center for Life Detection" der Medizin-Uni Graz, betonte, dass es in der Publikation der britischen Forscher keinen Hinweis gebe, dass das Phosphin biologisch produziert wurde. Die österreichische Astrophysikerin Lisa Kaltenegger von der Cornell University (USA), die in Atmosphären erdähnlicher Planeten nach Lebensspuren sucht, bezeichnet die Entdeckung ihrer britischen Kollegen als "sehr interessant". Für eine Antwort auf die Frage, ob das Phosphin tatsächlich Lebensspuren darstelle, "müssen wir noch einiges lernen. Aber diese Entdeckung gibt einen sehr guten Anstoß, die Venus besser zu erforschen und besser zu modellieren", sagte sie.

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