Österreich-Sieger

Happy Foto ist das beste Familienunternehmen

Fotobuch-Hersteller Happy Foto aus Freistadt baut auf viele Stammkunden. Seit wenigen Monaten hat die zweite Generation das Sagen.

Um sich etwas leisten zu können, muss man auch etwas leisten“, sagt Marlene Kittel, die junge Chefin des oberösterreichischen Fotobuch-Herstellers Happy Foto. Daher habe sie und ihre beiden Geschwister jeden Sommer während der Schulferien im Familienunternehmen ausgeholfen. „Dadurch haben wir auch Verbundenheit zum Betrieb aufgebaut.“

42 Jahre hat ihr Vater Bernhard Kittel das Unternehmen aufgebaut und geführt. Heute ist Happy Foto Marktführer für personalisierte Fotoprodukte per Postversand, der Großteil sind Fotobücher, in Österreich, Tschechien und der Slowakei. Im Februar – und somit mit Beginn des neuen Wirtschaftsjahres – hat Marlene Kittel offiziell seine Nachfolge angetreten.

Vorbereitet darauf hat sie sich eigentlich schon immer – obwohl sie die jüngste der drei Kittel-Geschwister ist. „Ich habe schon sehr früh angefangen, mich in der Firma einzubringen, weil es eine interessante Materie für mich war und ich mir dabei schon in der Jugend gesagt habe, hier bei Happy Foto könnte ich mir meine Zukunft vorstellen“, sagt Kittel.

Eine Spitze

„Für unseren Vater war es immer wichtig, dass nur einer von uns drei an der Spitze ist und nur einer übernimmt.“ Denn es gebe zu viele Beispiele, wo Familienunternehmen zugrunde gegangen sind, weil sich die Geschwister zerstritten haben oder mit den Ehepartnern. Gelöst hat sich das bei Happy Foto praktisch von allein, da Kittels Geschwister von sich aus einen anderen Weg eingeschlagen haben.

Bevor Kittel nach ihrer Wirtschaftsausbildung ins Unternehmen gekommen ist, war sie fünf Jahre für ein US-Beratungsunternehmen tätig. Somit brachte Kittel das Wirtschaftliche mit. Das technische Rüstzeug war „learning on the job“, wie sie sagt. „Aber ich habe schon vorher fast jede Maschine mitbedient und weiß alles darüber, wie es funktioniert.“

(C) Wieland

Seit 2017 ist Marlene Kittel Mitgeschäftsführerin, seit heuer hat sie alleine das Sagen. Der Vater ist jedoch noch Eigentümer. „Weil wir gesagt haben, eins nach dem anderen“, betont die Tochter, „Es ist aber der Plan, mit warmen Händen auch die Eigentümerschaft zu übergeben.“

Gegründet wurde Happy Foto 1978 in Freistadt als Ein-Mann-Betrieb. „Weil unsere Familie aus Freistadt ist und wir dort sehr stark verwurzelt sind“, betont Kittel. „Als österreichischer Betrieb bekennen wir uns zur österreichischen Qualität und sind stolz darauf, dass wir in Freistadt für alle unsere Märkte produzieren – und wir haben auch nicht vor, das zu verlagern.“ Auch komme die Belegschaft aus der Umgebung. Rund 90 Beschäftigte hat das Familienunternehmen – etwa zwei Drittel sind Frauen.

Kleine Niederlassung

Im nur wenige Kilometer von Freistadt entfernten Tschechien hat Happy Foto eine Niederlassung mit 15 Leuten. Jeden Tag holt ein Fahrer die im Mühlviertel produzierte Ware für Tschechien und die Slowakei ab. „Drüben wird dann verpackt, verrechnet und versendet“, sagt die Happy-Foto-Chefin. Das Versenden lokal sei günstiger, als wenn die Pakete von Österreich ins Ausland gingen. Die beiden Märkte Tschechien und Slowakei machen bereits etwa ein Drittel des Happy-Foto-Umsatzes aus, der zuletzt 23,1 Millionen Euro betragen hat.

800.000 Fotobücher

Zwei Drittel des Happy-Foto-Geschäfts macht der österreichische Markt aus. Deutschland wird auch beliefert, „ist für uns ein Randmarkt, den wir noch nicht näher bearbeitet haben“, sagt Kittel. Happy Foto hat viele langjährige Stammkunden, „die uns auch laufend weiterempfehlen“. In einem normalen Jahr produziert Happy Foto rund 800.000 Fotobücher.

„An einem starken Tag bekommen wir mehr als drei Millionen Bilddaten, die wir zu Fotos, Fotobüchern und anderen Produkten verarbeiten“, erzählt Kittel. „Das entspricht an einem starken Tag knapp 16.000 Fotobüchern.“

(C) Wieland

Das Geschäft ist stark saisonal geprägt. „Wir generieren sechs Wochen vor Weihnachten knapp 40 Prozent unseres Jahresumsatzes“, sagt Kittel. Doch heuer ist durch Corona vieles anders: Am Anfang habe Happy Foto noch von der Krise profitiert, erzählt Kittel. „Weil die Leute mehr zu Hause waren und ihre Festplatten aufgearbeitet haben.“ Jetzt seien aber gerade keine frischen Fotos auf dem Markt, da es nur wenige Veranstaltungen, Taufen und Hochzeiten gebe. Auch die Urlaube seien wegen der Reisebeschränkungen heuer rarer. „Dadurch spüren wir die Auswirkungen von Corona leider sehr“.

Marlene Kittel hofft jetzt auf eine gute Hochsaison. „Weil unsere Produkte ja die persönlichsten Geschenke für Weihnachten sind.“ In die Zukunft hat Happy Foto jedenfalls investiert – indem man im Vorjahr fast acht Millionen Euro in eine neue Riesenmaschine investiert hat. „In der Produktion ist das essenziell, um sich vom Mitbewerb abzuheben, dass man immer die besten Maschinen hat und die auch entsprechend auslasten kann.“

Viel händische Kontrolle

Der Automatisierungsgrad ist bei Happy Foto zwar hoch, doch liegt auch eine Menge Handarbeit und menschliche Kontrolle in der Sache: „Knapp zehn Mitarbeiter halten ein Fotobuch in der Hand, bevor es rausgeht.

Die Aufträge werden im „First Come, First Served“-Prinzip abgearbeitet. Bis zur Auslieferung dauert es oft nur wenige Werktage. Über den Erfolg sagt Marlene Kittel, dass ihr Vater schon früh den Riecher gehabt und den Umbruch von analoger auf die digitale Fotografie erkannt habe. Natürlich müsse man wachsam sein, wohin der nächste Trend gehe.

„Es wird derzeit viel fotografiert, aber wenig festgehalten“, sagt Kittel. „Aus Umfragen wissen wir, dass weniger als zwei Prozent der gemachten Fotos auf Papier festgehalten werden.“ Aber wenn es wirklich wichtig oder besonders ist, werden Fotos ausgedruckt – und da ist dann Happy Foto im Spiel. Unsere Kunden schätzen wirklich das Gefühl, etwas in den Händen zu halten, dass man das Fotobuch aus dem Bücherregal nehmen und ohne technische Hilfsmittel jederzeit ansehen kann“, sagt Kittel – „und unsere Kunden schätzen bei uns auch, dass wir ein österreichischer Familienbetrieb sind, der ein sehr gutes Preis-Leistung-Verhältnis mit hoher Qualität anbietet.“

Kittel selbst macht von jeder Reise ein Fotobuch und nimmt ihre Fotobücher auch immer wieder gern in die Hand: „Und man ist auch stolz, dass man das herzeigen kann.“

Ihr Vater hat sich nach der Übergabe der Geschäftsführung stark zurückgenommen. „Die Übergabe hat bei uns sehr gut funktioniert“ schaut Kittel zurück. Es seien gewisse Projekte, die man abgeschlossen haben wollte, wie die IT-Umstellung. „Nachdem das erfolgreich über die Bühne gegangen ist, hat er gesagt, das Unternehmen ist in guten Händen, ich kann mich zurückziehen.“ So alle zwei Wochen komme er für einen Tag in die Firma, erzählt die Chefin, wo man gewisse Themen bespreche. „Aber sonst nichts.“

Happy FotoGmbH

Firmensitz: Freistadt
Gründung: 1978, heute in der 2. Generation
Umsatz 2019: 23,1 Millionen Euro
Beschäftigte: 87
Branche: Produktion und Verkauf von personalisierten Fotoprodukten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2020)

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