Gastkommentar

Eigentümervision: Gerade jetzt sollte man sich damit beschäftigen

(C) Bankhaus Spängler
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Im März hat sich unser Alltag von einem Tag auf den anderen grundlegend verändert. Krisenmanagement war gefragt.

Für Unternehmen war es unerlässlich, sich rasch auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, um den erfolgreichen Fortbestand des Betriebs zu sichern.

In Zeiten elementarer Veränderungen ist bei den Entscheidern jedoch nicht nur Flexibilität und Widerstandsfähigkeit gefragt. Vor allem für Familienunternehmen spielen Faktoren wie Anpassungsfähigkeit, Gestaltungswille und Generationendenken eine wesentliche Rolle. Deshalb macht es gerade jetzt Sinn, längerfristig zu planen und zu hinterfragen, wo die Reise in Zukunft hingehen soll.

Die Übergangsphase aus dem Krisenmodus in die „neue Normalität“ sollten Eigentümer nutzen, um sich auch mit ihrer eigenen Vision auseinanderzusetzen. Mit einer Vision malen sie ein großes Bild der Zukunft. Die Eigentümervision gibt demnach nicht nur die Richtung an, in die sich das Unternehmen (zum Beispiel in den nächsten zehn Jahren) entwickeln soll, sondern drückt vor allem aus, wofür und wo man als Eigentümer künftig stehen möchte.

„Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie“ lehrte uns Viktor Frankl. Auch für Unternehmen gilt es, in schwierigen Zeiten Sinn zu stiften und Visionen mit Zugkraft zu erzeugen. Eine richtige Vision begeistert Menschen und stellt ein gemeinsames Verständnis her. Sie gibt den Mitarbeitern Orientierung und bietet Sinn.

Gerade aufgrund der nur bedingt beeinflussbaren Veränderungen in den letzten Monaten eignet sich dieser Zeitpunkt gut, um die Erarbeitung der Eigentümervision aktiv anzugehen. Familienunternehmer sind dabei jedoch nicht auf sich allein gestellt, sondern erhalten von uns die notwendige Unterstützung, zum Beispiel in Form eigener Workshops zu dieser Thematik.

Die Arbeit an der Vision bietet nicht nur den Auftakt für den „persönlichen Fahrplan“ des Unternehmers, sondern kann auf vielfältige Weise genutzt werden. Zum einen kann die Eigentümervision die Basis für die Nachfolgestrategie sein und zur näheren Definition des

Zeithorizonts beitragen. Zum anderen wirkt diese unterstützend für den persönlichen Notfallplan, der Themen wie das Testament, die Vorsorgevollmacht oder Vertretungsregelungen enthält. Wenn Unternehmer noch über keinen Notfallplan verfügen, ist es jetzt an der Zeit, das nachzuholen.


Die Vision des Eigentümers sollte im Einklang zum Familienleitbild, das zum Beispiel in Form eines Familienkodex festgehalten wird, stehen. Dieser Kodex bildet die Basis für eine stabile Eigentümerschaft und den langfristigen Zusammenhalt in Familienunternehmen, was vor allem in Krisenzeiten von besonderer Bedeutung ist.

Ein weiterer wesentlicher Nutzen der Eigentümervision ist, dass daraus auch die Entwicklung der strategischen Planung abgeleitet wird. Dabei werden verschiedene Szenarien für unterschiedliche Entwicklungen modelliert. Wer sich rechtzeitig intensiv mit der Unternehmenszukunft auseinandersetzt, kann in Krisenzeiten auf Notfallpläne und betriebliches Risikomanagement zurückgreifen und verliert dabei keine wertvolle Zeit.

Werner G. Zenz ist Sprecher des Vorstandes des Bankhaus Spängler

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2020)

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