Interview

„Alles, was jetzt belastet, werden wir nicht tun“

(C) Guenther Peroutka
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Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck über die Bewältigung der Coronakrise.

Corona bestimmt die Wirtschaft seit einem halben Jahr. Wie geht es den Unternehmen? Wie meistern sie die herausfordernde Lage?

Margarete Schramböck: Das hängt davon ab, in welcher Branche jemand unterwegs ist. Wir haben hier Branchenunterschiede und regionale Unterschiede. Wem es zum Beispiel nicht gut geht, das ist natürlich die Hotellerie, und hier besonders jene im städtischen Umfeld. Was auch ein Thema ist: Wo es internationale Wertschöpfungsketten gibt, wo man expandiert in Märkte, die gerade in Schwierigkeiten sind, wie die USA. Dennoch muss man sagen, die Zahlen entwickeln sich in die richtige Richtung und verbessern sich laufend. Die Nationalbank gibt wöchentlich die Zahlen raus: Wir liegen jetzt bei etwas mehr als vier Prozent hinter dem jeweiligen Vorjahr. In Summe werden wir heuer wahrscheinlich bei 7,5 Prozent bis sieben Prozent Minus zu liegen kommen. Da sind wir besser durch die Krise gekommen als andere Länder, teilweise besser als Deutschland.

Welche Anreize setzen Sie, damit die Wirtschaft schnell wieder in Gang kommt?

Wichtig war, dass wir es geschafft haben, die Produktion immer aufrechtzuerhalten. Da waren auch viele Familienbetriebe dabei, denkt man nur an die Miba zum Beispiel. Auch Transportunternehmen haben Großes geleistet, wie die Gebrüder Weiss. Wen es besonders getroffen hat, das waren die Dienstleistungsbetriebe, der Handel und der Tourismus durch die Betretungsverbote. Jetzt müssen wir die Konjunktur ankurbeln, deshalb haben wir die Investitionsprämie geschaffen, damit Investitionen nicht hinausgeschoben oder sogar abgesagt werden. Die Prämie, die seit 1. September beantragt werden kann, beträgt immerhin 14 Prozent, das ist ein relativ großer Betrag, den man Cash zurückbekommt. Das hat Deutschland zum Beispiel nicht. Deutschland hat sich für die Umsatzsteuersenkung entschieden, und wir haben gesagt, wir müssen Impulse im B2B-Bereich setzen, um über Investitionen die Nachfrage anzukurbeln, und nicht durch eine generelle Mehrwertsteuersenkung.

Das ist der Status quo. Wie wird sich Österreichs Wirtschaft die kommenden sechs Monate im Coronaschatten entwickeln?

Wir werden jetzt noch einen sehr intensiven Herbst und auch Winter haben, solange wir keine greifenden Medikamente und auch Impfungen haben. Was wir jetzt schaffen müssen, ist, dass wir aus dieser Krise heraus investieren und sich die Unternehmen nicht vollkommen zurücknehmen. Denn wenn das passieren würde, würde das Arbeitsplätze kosten. Die Erholung des Städtetourismus, generell das Fliegen, wird wahrscheinlich am längsten brauchen. Die Handwerksbetriebe und auch viele Familienbetriebe sind sehr gut unterwegs – im Moment.

Wie schaut's mit Österreichs internationalen Verflechtungen aus?

Wenn man nach Asien schaut, dann sieht man, dass China, Japan und Korea, die Kurven des Exportes von Österreich dort hinaus, nach oben gehen. Wir müssen schauen, dass wir nicht abhängig sind von einzelnen Märkten. Wir müssen diversifizieren, wir müssen resilienter werden, um zum Beispiel nicht nur von Deutschland abhängig zu sein. Das ist in Österreich ja gelungen in den vergangenen zehn Jahren – etwa, nicht nur von den USA abhängig zu sein, sondern dass wir verschiedene neue Märkte erschließen. Da bieten sich für den Export die asiatischen Märkte stark an.

Apropos USA: Ist für die österreichische Exportwirtschaft besser, einen alten Präsidenten Donald Trump zu haben oder einen neuen Präsidenten Joe Biden?

Wie das Wahlergebnis ausgehen wird, darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren. Aber ich glaube, was es braucht, ist ein enger Schulterschluss zwischen Europa und den USA. Wir sind kulturell sehr nah beieinander. Mehr Zusammenarbeit würde uns guttun. Weniger Drohungen, was die Strafzölle betrifft, und mehr den Verhandlungstisch zu suchen, das wäre schon wichtig zwischen der Europäischen Union und den USA.

Das heißt: Für Österreichs Exportwirtschaft ist es wichtiger, dass Europa und die USA mehr zusammenarbeiten. Wer als Präsident an der Spitze steht, ist zweitrangig?

Ja. Die österreichischen Unternehmen haben vor der Coronakrise sehr gute Geschäfte mit den USA gemacht und auch sehr viel in den USA investiert. Das würde ich sagen, ist das Wichtigere – dass diese Geschäftsbeziehungen gut funktionieren und dass vor allem nicht Themen vorangetrieben werden wie Strafzölle in die eine Richtung und auch in die andere Richtung.

Zurück nach Österreich und zum Tourismus: Sie haben die Gastronomie und Hotellerie als leidende Branche angeführt. Da sind vor allem Familienunternehmen. Welche Rezepte haben Sie für den Tourismus und deren Betriebe?

Das kann man nicht über einen Kamm scheren. Wenn wir auf die Sommersaison zurückschauen, vor allem in die südlichen Bundesländer Kärnten und auch die Steiermark, ist da sehr viel Nachfrage gewesen. Der Wegfall der internationalen Gäste wurde sogar teilweise durch deutsche, aber auch österreichische Gäste überkompensiert. Anders ist es in den Städten. Salzburg etwa gehen natürlich die Salzburger Festspiele stark ab. Aber es ist ein großes Zeichen, dass sie so stattfinden konnten, wie sie stattgefunden haben. Natürlich ist viel weniger los in den Städten. Auch in Wien, da haben wir auch viele Hoteliers, die Familienbetriebe sind. Da gilt es jetzt zu schauen, dass man dort hilft, wo es notwendig ist. Bei jenen, die nicht aufsperren können oder eben nur ganz wenige Gäste haben. So war unser Ziel, die Umsatzsteuer auch für die Hotellerie zu senken, damit ihnen von ihrem leider wenigen Geschäft zumindest mehr bleibt.

Keiner weiß, wie Skifahren heuer ausschaut. Das Anstellen bei den Liften, oder ob es ein Après-Ski geben darf. Entscheidungen, die für Hotels wichtig sind, ob sie aufsperren oder nicht, aber auch für die Zulieferer, vom Bäcker bis zum Handwerker. Wann kommen Regeln, dass sich jeder auskennt?

Das ist richtig, dass ganz viele KMU im Umfeld dieser großen Hotels in den einzelnen Skigebieten sind. Wichtig ist, dass die Vertreter der Wirtschaft jetzt artikuliert haben, dass sie gemeinsam bereit sind, eine Lösung zu erarbeiten und das auch gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium tun. Ich gehe davon aus, dass bis dorthin dann entsprechende Vorschläge auch da sind, um Ideen zu entwickeln, wie muss Après-Ski geregelt werden, wie die Öffnungszeiten. Ich habe verstanden, dass unser Gesundheitsminister das auch so macht.

Da reden halt viele mit ...

Eine Krise ist nur im Team stemmbar. Das habe ich in Unternehmen so erlebt. Es ist nie eine einzelne Person, die eine Lösung weiß. Weil verschiedene Personen einen unterschiedlichen Blick haben. Es braucht auch viele Inputs, weil es diese Probleme vorher noch nie gegeben hat. Wir können auf nichts zurückgreifen, was es vorher vielleicht einmal gegeben hat.

Die Krise kostet uns viel Geld. Das Budgetdefizit wird kräftig steigen.

Es ist absolut richtig gewesen, Geld in die Hand zu nehmen. Weil in dieser Phase, wo wir jetzt sind, ist jeder Euro gut investiert. In die Zukunft, in Arbeitsplätze, in Familien und eben, den Konsum und auch die Strukturen aufrechtzuerhalten. Ich bin überzeugt, dass diese Krise vorübergehen wird, sobald wir Medikamente und eine Impfung haben, weil sie eine gesundheitliche Krise ist.

Im Ministerrat muss es Einstimmigkeit geben. Können Sie eine Steuererhöhung für kommendes Jahr ausschließen oder nicht?

Das ist ja ganz klar im Regierungsprogramm und auch das Ziel von uns beiden in der Koalition, dass wir keine generelle Erhöhung haben bei den Steuern. Im Gegenteil, wir haben jetzt die niedrigen Steuersätze gesenkt und haben entsprechende Maßnahmen schon vorgezogen, damit die Menschen mehr Geld in der Geldbörse haben.

Die Krise muss ja irgendwann bezahlt werden. Daher nochmals: Können Sie ausschließen, dass auf Unternehmen Steuererhöhungen zukommen?

Die Firmen jetzt zu belasten wäre das falsche Signal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2020)

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