Gastkommentar

Krisenzeit nutzen, um das Unternehmen zukunftsfit zu machen

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Wir befinden uns in einer der größten Wirtschaftskrisen. Viele Unternehmen kämpfen ums Überleben.

Positiv hervorzuheben ist, dass Familienbetriebe aufgrund ihrer nachhaltigen Strategie oftmals über eine noch immer gute Liquidität verfügen. Dennoch geraten auch sie in dieser speziellen Situation unter ökonomischen Druck. Seitens der Politik wurden bekanntlich zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Unternehmen zu unterstützen: von Kurzarbeit über Kreditstundungen bis hin zu aktiver finanzieller Hilfe. Unternehmen brauchen jetzt aber auch in rechtlicher Hinsicht vernünftige Beratung. Wir österreichischen Notare sind ebenfalls selbstständige Unternehmer, kennen die Probleme genau und können mit unserer Erfahrung sowie unserem juristischen Fachwissen in der Krise begleiten.

An uns werden derzeit viele strukturelle Fragen herangetragen. Meist geht es dabei um Überlegungen zu Umstrukturierungen, die Anpassungen an die aktuelle Situation ermöglichen sollen.

Gemeinsam mit einem professionellen Rechtsberater können Unternehmer ihr Risiko einschränken und das Unternehmen zukunftsfit machen. Dazu gehören etwa Umstrukturierungen, um nicht betriebsnotwendiges Vermögen vom operativen Betrieb zu trennen. Aber auch die Umgründung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften in eine GmbH kann unternehmerisches Risiko und Haftung begrenzen.

Auch in einer GmbH gibt es Stolpersteine, die das Unternehmen und dessen Fortbestand gefährden können. So kann etwa mangels gesellschaftsvertraglicher Regelung über eine Insolvenz eines Mitgesellschafters ein Außenstehender dessen Geschäftsanteil erwerben und plötzlich neuer Mitgesellschafter sein. Und was passiert mit Gesellschaftsanteilen, wenn ein Gesellschafter stirbt oder geschäftsunfähig wird? Sieht der GmbH-Vertrag nichts vor, so geht sein GmbH-Anteil auf dessen Erben über, für den Geschäftsunfähigen entscheidet plötzlich ein Erwachsenenvertreter und das Pflegschaftsgericht, egal ob das den Mitgesellschaftern recht ist oder nicht. Solche Situationen können zu aufwendigen Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren führen, die häufig den wirtschaftlichen Untergang des Unternehmens bedeuten. Deshalb sollte man den Gesellschaftsvertrag gerade in Zeiten wie diesen besonders unter die Lupe nehmen, um nichts dem Zufall zu überlassen. Neben dem Gesellschaftsvertrag nehmen auch Vorsorgevollmachten, Eheverträge und Testamente zur Unternehmensabsicherung einen besonderen Platz ein.

Die größte Herausforderung in den nächsten Monaten wird sein, eine zweite Ansteckungswelle zu verhindern. Dazu können die digitalen Möglichkeiten im Notariat beitragen. Für die Zeit der Covid-19-Krise wurden die Möglichkeiten der digitalen Tätigkeiten im Notariat erweitert. Vorerst bis 31. Dezember 2020 können nahezu alle notariellen Amtshandlungen auch „online“ – also ohne persönliches Erscheinen in der Kanzlei – erfolgen. Ausgenommen sind nur Testamente und sonstige letztwillige Verfügungen. Sie können weiterhin nicht elektronisch errichtet werden. Die Begleitung durch den Notar soll besonders bei Online-Beurkundungsvorgängen die erforderliche Sicherheit gewährleisten und das im Internet immanente Schädigungsrisiko minimieren.

Michael Umfahrer ist Notar in Wien und seit Oktober 2019 Präsident der Österreichischen Notariatskammer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2020)

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