Wettbewerb

Wohnen – leistbar und nachhaltig

(c) MGO (Marin Goleminov)
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Wie gestaltet man ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen Wohnraum und was darf es kosten? Gesucht sind Antworten auf zwei zentrale Fragen der Wohnzukunft.

Die Entwicklung ist rund um den Globus ähnlich: Die Verstädterung nimmt zu, Ressourcen- und Flächenverbrauch steigen an, der Wohnraum wird teurer. Lebten 1950 noch weniger als ein Drittel der Weltbevölkerung in Städten, so sollen es laut Berechnungen der UNO 2050 bereits mehr als sieben von insgesamt zehn Milliarden sein. Während ländliche Regionen vereinsamen, benötigen in urbanen Zonen mehr Menschen mehr Platz. Breitet sich der Wohnraum ins Umland aus, wächst die Bodenversiegelung an. So werden etwa in Österreich täglich Flächen im Ausmaß von 12 Hektar (entspricht der Größe von 22 Fußballfeldern) baulich in Anspruch genommen. Damit liegt man deutlich über dem Reduktionsziel der Strategie für nachhaltige Entwicklung von 2,5 Hektar pro Tag.

Was sich für die Bauwirtschaft kurzfristig positiv auswirkt, ist für nachhaltige Siedlungsentwicklung von Nachteil, vor allem dann, wenn diese „auf der grünen Wiese“ erfolgt: Die Anzahl brachliegender Gebäude nimmt kontinuierlich zu und Ortskerne veröden. Eine zerstreute Siedlungsstruktur erhöht die Aufwendungen der Gemeinden für Infrastruktur. Durch schnellere Straßenverbindungen wird zwar die Mobilität verbessert, aber zugleich werden Alltags- und Transportwege verlängert – zulasten von Mensch und Umwelt. Freiflächen in Stadtlage fallen derweil der Nachverdichtung zum Opfer. Doch allen Bemühungen zum Trotz, immer mehr Wohnraum zu schaffen, übertrifft die Nachfrage zumeist das Angebot. Der Markt reagiert mit steigenden Preisen.

Preisspirale dreht sich

Nicht nur in London oder Paris ist ausreichender Wohnraum für den Durchschnittsbürger kaum mehr leistbar. Auch in Österreich und Wien schraubt sich die Preisspirale nach oben. Laut Statistik Austria sind im gesamtösterreichischen Schnitt die Kaufpreise für Häuser und Wohnungen von 2014 bis 2019 um 25,5 Prozent und die Mieten um 13 Prozent angestiegen. Vor allem in den Großstädten werden die Wohnkosten immer höher. In der Bundeshauptstadt müssen 2020 im Mittel 4110 Euro pro Quadratmeter (plus vier Prozent gegenüber dem Vorjahr) für Wohneigentum bezahlt werden. Die Mieten haben in Wien, rechnet man den geschützten Sektor heraus, im Vorjahr um fünf Prozent auf 13,7 Euro pro Quadratmeter (inklusive Betriebskosten) zugelegt, wie das Immobilienportal immowelt.at ermittelte. Damit kostet eine 100-Quadratmeter-Wohnung in der Bundeshauptstadt knapp 1400 Euro im Monat.

„Die Immobilienpreise für das Wohnen entkoppeln sich immer stärker vom verfügbaren Einkommen“, warnt Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienrings Österreich. Vor allem die Mittelschicht sei von den gestiegenen Belastungen immer stärker betroffen. Fakt ist: Mehr als 35 Prozent ihres Einkommens müssen im Schnitt Österreichs Haushalte bereits jetzt fürs Wohnen ausgeben.

Nachhaltige Wende

Um den gegenwärtigen, bedrohlichen Trends entgegenzuwirken, braucht es intelligente Visionen einer Zukunft, in der dem Begriff der Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle zukommt – ökonomisch, sozial und ökologisch betrachtet (siehe Best Practice international, S. II–III).

Wird die Grundanforderung der Leistbarkeit für die Bewohner als Maßstab herangezogen, haben Einstiegskosten, laufende Kosten und die Gestaltung der Miet- und Kaufverträge in der Beurteilung der Ökonomie Priorität. Der soziale Aspekt der Nachhaltigkeit betrifft die Alltagstauglichkeit der Nutzung und eine durch geeignete Planung sichergestellte soziale Durchmischung. Zudem soll Wohnen die Gemeinschaft fördern und sich an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer adaptieren. Letztere sind dem Zeitgeist und demografischen Entwicklungen unterworfen. Ändert sich etwa die Zahl der Singlehaushalte oder die Altersstruktur, haben Wohnbauverantwortliche darauf zu reagieren.

In Zeiten des Klimawandels kommt insbesondere dem ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit größte Bedeutung zu. An ressourcenschonenden Gebäuden führt kein Weg vorbei, wobei dies sowohl für die Errichtung gilt als auch für die Nutzung, wenn es um die Förderung der Gesundheit in den eigenen vier Wänden und umweltbewusster Lebensstile geht. Energetische Standards müssen durch den Einsatz erneuerbarer Energien verbessert werden. Auch die sanfte und umweltfreundliche Mobilität steht damit in Zusammenhang, zum Beispiel in Form von ausreichend Fahrradabstellplätzen, dem Angebot von E-Ladesäulen, E-Bikes und E-Lastenfahrrädern. Zum ökologischen und auch sozialen Aspekt zählt ebenso die Gestaltung von Freiflächen, Gemeinschafts- und Arbeitsräumen. Wer zu Hause arbeitet, wohnt und einen Teil seiner Freizeit mit Nachbarn verbringt, unterstützt das umweltfreundliche Konzept der kurzen Wege.

Schlüssige Antworten

Für die Immobilienwirtschaft bedeutet die nachhaltige Wende laut Experten u. a. ein Umdenken in Richtung der Kreislaufwirtschaft. Wiederverwendung wird durch Sanierung und Umnutzung einen neuen Stellenwert erhalten, Recycling dazu dienen, Rohstoffe wieder in den Kreislauf zurückzuführen. „Eine lange Nutzung von Gebäuden kann durch ein hohes Maß an Flexibilität und durch ökologisch langlebige Baustoffe erreicht werden“, betont Peter Engert, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft ÖGNI – eine Sichtweise, die seit jeher vom Unternehmen für Bau- und Infrastrukturlösungen, Wienerberger, vertreten wird. „Nachhaltig, sprich, langfristig zu denken und zu handeln, ist in unserer DNA. Das hat mit marktwirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Verantwortung zu tun“, sagt Vorstandsvorsitzender Heimo Scheuch (siehe S. II–IV), der leistbares und gesundes Wohnen als essenzielle gesellschaftspolitische Ziele betrachtet. Laut Scheuch liegt europaweit einiges im Argen, da durch den generellen Preisdruck beim Wohnen viele Menschen in Randbereiche gedrängt werden, wo sprachliche, kulturelle und wertemäßige Integration nicht mehr funktioniert und zu sozialen Spannungen führt. Das gelte auch für Wien: „Kommt es zur Ghettobildung, wird das langfristig Probleme bereiten. Ich wünsche mir, dass man sich mehr Gedanken über Stadtentwicklung macht. Dabei sollte auch dem Thema Klimawandel noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.“

Wie gestalten wir nachhaltig Wohnraum und was darf es kosten? Die beiden zentralen Fragen müssen laut Scheuch schlüssig beantwortet werden. In diesen Kontext schreibt sich auch der von Wienerberger in Kooperation mit der „Presse“ ausgeschriebene Wettbewerb #forgenerations (siehe Infokasten, S. I und IV) ein, der junge Menschen dazu aufruft, ihre Ideen zum nachhaltigen und leistbaren Wohnen in der Zukunft kundzutun. Heimo Scheuch: „Diese Bedürfnisse und Wünsche zu kennen und umzusetzen, ist ganz im Sinne unseres Nachhaltigkeitsmottos: Bauen für Menschen.“

„So will ich wohnen!“

#forgenerations. Wenn es um Fragen des Traums vom Wohnen geht, ist die Jugend am Wort.

Erzähle uns von deinem Traum, wie du wohnen möchtest.“ Im Gewinnspiel „#forgenerations“ von Wienerberger und „Die Presse“ seid ihr, die Jugend, am Wort und im Bild. Wer zwischen 17 und 23 Jahre alt ist, kann an diesem Wettbewerb teilnehmen. Zeigt uns mit einem Text und einer ergänzenden Zeichnung, wie ihr euch eure Wohnung oder euer Haus im Idealfall vorstellt. Wo wollt ihr wohnen? Wie wollt ihr leben? Alleine, als Paar, Familie oder in Wohngemeinschaft mit Gleichgesinnten? Wie groß soll der Wohnraum sein? Wie viel dürfen Wohnung bzw. Haus kosten (zur Miete oder im Eigentum) und wie wollt ihr euren Wohntraum finanzieren? Wie wichtig ist es euch und wie achtet ihr darauf, dass ihr beim Kauf/Bau sowie beim Erhalt (z. B. Wärme- und Stromversorgung) umweltfreundlich handelt?

Diese und andere Fragen gilt es ganz persönlich zu beantworten, wobei der Leistbarkeit und Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch, sozial) ein besonderer Stellenwert zukommen soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2020)

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