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Corona-Kirtag in der Josefstadt

(c) Caio Kauffmann
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Kulturmanager Martin Vogg lädt heuer statt zum Josefstädter Straßen- zum Plätzefest – inklusive eines überdimensionalen Virus aus Ballonseide.

Wie geht man damit um, wenn man Organisator eines Straßenfests ist und angesichts steigender Infektionszahlen die vorgeschriebenen Maßnahmen strenger werden? Im Fall von Martin Vogg: Entspannt.

„Ich bin für die Verschärfung gar nicht so undankbar“, sagt er. Bis vorigen Freitag, mutmaßt er, hätte er wohl mit der Hälfte der Besucher debattieren müssen, warum sie Masken tragen, sich die Hände desinfizieren und beim Eintritt ihre Kontaktdaten hinterlassen müssen. „Das“, sagt er, „ist jetzt wahrscheinlich etwas klarer“.

Wobei die Formulierung eingangs nicht ganz korrekt war – denn aus dem traditionellen Josefstädter Straßen- wird heuer am Freitag nun ein Plätzefest. Schon Ende Juni, Anfang Juli, berichtet Vogg, habe man beschlossen, das Fest auf Plätze zu verlegen, „damit es sicher durchführbar ist“. Zu Schauplätzen wurden so Schlesinger-, Uhl-, Hamerling- und Jodok Fink Platz sowie die Innenhöfe des Instituts für Höhere Studien (IHS) und des Volkskundemuseums. Weil, sagt Voss, sich Plätze, anders als Straßen, absperren lassen. So ist nun der Zugang geregelt und limitiert, Sitzplätze werden zugewiesen.

Kunst und Platzkonzerte

Generell ist das Josefstädter Straßenfest eine Tradition im Bezirk, wobei niemand genau wisse, wie lange es sie schon gibt. „Ich weiß nicht einmal, wie lange ich es selbst schon mache“, sagt Vogg. „Ich glaube, mit Unterbrechung, seit 2008.“ Üblicherweise spielt sich das Geschehen entlang der Josefstädter Straße ab. Der Bezirk sei ohnehin „ein Dorf“, und das Fest wie anderswo der Kirtag: „Da geht man halt hin“, schildert Vogg, der, aufgewachsen im 7. Bezirk, nach einem Ausflug in den 9. heute selbst im 8. lebt.

Geplant sind für die Plätze vor allem Konzerte, so spielt am Schlesingerplatz u. a. Theremin-Virtuosin Pamelia Stickney; Mörbisch-Intendant Peter Edelmann kommt mit einem „Best of“ seiner in der Pandemie entstandenen Hofkonzerte. Der Hamerlingplatz wird zum Marktplatz, auf dem sich Kaufleute, Schulen und Institutionen präsentieren.

Neu, nach einem ersten Pilotprojekt im Vorjahr, ist eine Kooperation mit KÖR (Kunst im Öffentlichen Raum), entstanden aus Voggs Naheverhältnis aus den Jahren, in denen er viel für die Region Wachau tätig war. Als die KÖR Niederösterreich-Leiterin Katharina Blaas in Pension ging, „habe ich sie mir als Kuratorin geschnappt“, sagt Vogg. Mit Cornelia Offergeld hat sie für den Freitag acht über den Bezirk verteilte Beiträge geplant.

So zeigt am Hamerlingplatz Franz Kapfer seine Figur des Kapuzinermönchs Marco d'Aviano, der zur Zeit der 2. Türkenbelagerung apostolischer Delegat beim Heer der Habsburger war. Sie ist Teil seiner Serie von Arbeiten zur „Errettung des Christentums“ über die Verquickung von Staat und Religion und das Verhältnis der Kulturen. Die namhafte belgische Künstlerin Ria Paquée plant vor dem IHS eine Performance, bei der Megafon und Einkaufswagerl eine Rolle spielen. Iris Andraschek erinnert mit ihren Teppich-Arbeiten, die mit Farbe direkt auf den Asphalt aufgetragen werden, an in Vergessenheit geratene Künstlerinnen aus dem Bezirk, die vor den Nationalsozialisten fliehen mussten. Und Romana Scheffknecht reagiert mit einem überdimensionalen Coronavirus aus Ballonseide auf die aktuelle Situation.

Es sei ihm wichtig, sagt Vogg, die Gäste seiner Straßenfeste mit künstlerischen Positionen zu konfrontieren, „mit denen man nicht rechnet“. Gelernt hat der Volkskundler und Theaterwissenschafter sein Geschäft einst beim Stadtfest, dann mit Alf Krauliz und Nuschin Vossoughi (heute Theater am Spittelberg) beim Donaufestival. Er sehe sich, sagt Vogg, in der Tradition des Kulturmanagers, den es heute, da zwischen kaufmännischen Geschäftsführern und Kuratoren unterschieden wird, „so nicht mehr gibt“.

Zuletzt hat er im Sommer, ein spontanes Corona-Projekt, im Auftrag Niederösterreichs „Kultur beim Winzer“ organisiert und Kulturveranstaltungen an 32 Weingüter gebracht – am Freitag spielen zum Abschluss Otto Lechner und Georg Graf bei Gebeshuber in Gumpoldskirchen, am Samstag Martin Spengler und Manuela Diem im Weingut Pimpel in Petronell. Abgesehen davon dreht Vogg heute, seit er für einen Wachau-Film am Ende selbst am Schnittplatz saß, hauptsächlich Dokumentationen. So groß sei der Unterschied gar nicht: „Es geht überall um Dramaturgie und Inszenierung.“

Auf einen Blick

Das Josefstädter Plätzefest findet am Freitag, 18. September, von 12 bis 21 Uhr an verschiedenen Orten im Bezirk statt. Das Motto „Is this the real life? Is this just fantasy?“ nimmt Bezug auf die ungewohnte Situation. Orte sind der Schlesinger, Uhl-, Hamerling- und Jodok Fink Platz und die Innenhöfe des Instituts für Höhere Studien und des Volkskundemuseums.

Web: www.wien.gv.at/bezirke/josefstadt/freizeit/plaetzefest-2020.html

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