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U-Ausschuss: "Wenn ich Auftrag von Schmid bekomme, dann frage ich nicht"

Aufgang zum U-Ausschuss
Aufgang zum U-AusschussAPA/HERBERT P. OCZERET
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Im Ibiza-U-Ausschuss wurde die „rechte Hand“ von Öbag-Chef Thomas Schmid befragt. Auf der Agenda steht vorrangig das „Projekt Edelstein“ - dem angeblich unter Türkis-Blau geplante Verkauf des Bundesrechenzentrums an die Post.

Das sogenannte „Ibiza-Video“ stellte im Mai 2019 die politische Landschaft Österreichs auf den Kopf. Es führte zum Platzen der türkis-blauen Koalition und katapultierte den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler, Heinz-Christian Strache, ins Abseits. Die politische Aufarbeitung folgt nun ein Jahr danach im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss. „Die Presse“ hält Sie hier den ganzen Tag über versorgt mit Updates aus der Hofburg.

Wer sind die Auskunftspersonen am Donnerstag, 17. September?

  • Das "Projekt Edelstein" rückt heute ins Zentrum des Ibiza-Untersuchungsausschusses, also der offenbar unter Türkis-Blau geplante Verkauf des Bundesrechenzentrums (BRZ) an die teilprivate Post. Aufklärung darüber sollen Edith Hlawati, Aufsichtsratsvorsitzende der Post AG, und der Leiter Team Öffentliches Recht und Regulierungsmanagement der Post AG, Torsten Marx, liefern.

  • Zuvor aber wird ein Vorstandsassistent der Öbag von den Abgeordneten befragt - genauer gesagt die „rechte Hand“ von Öbag-Chef Thomas Schmid, gegen den in der „Causa Casinos“ ermittelt wird.

Updates aus dem U-Ausschuss:

  • Gleich zu Beginn des U-Ausschusses am Donnerstag übte ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl neuerlich Kritik am Verlauf desselben: „Der Ausschuss verkommt immer mehr zu einer Bühne für tagespolitische Themen“, bezog er sich auf - zumeist nicht als zulässig gewertete - Fragen an den Vorstandsvorsitzenden des Mineralölkonzerns OMV, Rainer Seele, zur Unternehmensstrategie. Seele sei "fünf Stunden lang festgehalten worden", erinnerte Gerstl an den Vortag.
  • Die Opposition rechtfertigte ihr Vorgehen umgehend: „Wir machen dort weiter, wo wir gestern aufgehört haben“, kündigte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer an. Beim „Projekt Edelstein“ stünden Aussagen von Auskunftspersonen „im krassen Widerspruch“ zu den vorgelegten Akten, meinte er.
  • Als erste Auskunftsperson wurde der Vorstandsassistent der Staatsholding Öbag in den Zeugenstand gerufen. Er hatte im Finanzministerium als Verwaltungspraktikant eng mit dem damaligen ÖVP-Generalsekretär und späteren Öbag-Chef, Thomas Schmid, zusammengearbeitet und ist per April 2019 praktisch als dessen „rechte Hand“ mit in die Staatsholding gegangen. Er rechtfertigte Schmids Bestellung zum Alleinchef: Die Öbib sei „nicht effizient und nicht optimal“ gewesen, das sei bei der „Öbag anders“. Der Hintergrund: Ex-Casinos-Generaldirektor Alexander Labak zufolge soll Schmids Öbag-Bestellung mit jener von Peter Sidlo als Finanzvorstand der Casinos Austria AG (Casag) verschränkt gewesen sein.
  • Zu seiner Involvierung ins „Projekt Edelstein“ sagte der Assistent: Es sei 2018 darum gegangen, eine „mögliche Kooperation zwischen Post und Bundesrechenzentrum zu prüfen“. Und er hielt fest: „Wenn ich einen Auftrag von Thomas Schmid bekomme, dann frage ich nicht, warum ich, sondern wie oft und bis wann." Post-Generaldirektor Georg Pölzl habe von der Idee gewusst, auch der Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sei bei der Präsentation des Projekts wenig begeistert gewesen.
  • Apropos: Die Post habe bei der „Operation Edelstein“ lediglich Interessen an Synergien mit dem BRZ gehabt, betonte der Teamleiter in der Post-Rechtsabteilung, Marx. "Daten waren nie ein Thema - weder ausgesprochen noch unausgesprochen", rechtfertigte er die seiner Wahrnehmung nach noch "vagen" Pläne, die letztlich im Sand verlaufen seien.
  • Die Post AG sei ein "Enabler" für die öffentliche Hand, beschrieb Marx in seinem Eingangsstatement die Rolle des teilstaatlichen Unternehmens auch bei derartigen Projekten. Selbstverständlich fände daher auch ein regelmäßiger Austausch mit Regierungsmitgliedern statt. Vor allem im Bereich der Digitalisierung und der Entwicklung neuer Technologien sehe man sich als Partner der Republik - vor allem auch mit dem BRZ. Über mögliche Kooperationen der Post AG mit dem BRZ werde seit 2009 "immer wieder gesprochen und nachgedacht", berichtete Marx. Im Sommer 2018 sei er dann auch zu einem Termin mit Vertretern der Post und des Finanzministeriums gekommen. "Wer Initiator war, weiß ich nicht", sagte Marx zum "Projekt Edelstein". Warum gerade dieser Name ausgewählt worden war, konnte die Auskunftsperson nach eigener Angabe auch nicht nach internen Recherchen eruieren. Es sei aber üblich, derartige Phantasienamen zu vergeben. Die angedachte Übernahme sei bis zum Schluss nicht über ein sehr vages Anfangsstadium hinausgekommen. "Bis heute habe ich zum 'Projekt Edelstein' nichts mehr vom Finanzministerium gehört."
  • Eine Verwendung der Daten aus dem BRZ durch die Post sei nie beabsichtigt gewesen, beteuerte Marx, sondern lediglich deren Verarbeitung. Dass derartige Gespräche vertraulich stattfinden, verstehe sich aber selbst, gerade im Anfangsstadium eines solchen Projekts.
  • Welchen Ergebnisbeitrag eine Beteiligung der Post am BRZ oder eine Kooperation der beiden Firmen bringen hätte können, wollte der Jurist nicht einschätzen. In Druck-, Scan- und Zustellbereich hätten aber wohl die Effizienz gesteigert werden können. Auch eine Verschlankung der IT-Infrastruktur wäre wohl vorstellbar gewesen.
  • Das "Projekt Edelstein" hat Hlawati zufolge mehrere Varianten vorgesehen, wie die Zukunft des BRZ aussehen könne. Diese hätten von einer Kooperation mit der Post bis hin zu einer Beteiligung gereicht, sagte sie sen Abgeordneten. Hlawati ist seit 2007 im Aufsichtsrat der Post AG, seit 2015 dessen Vorsitzende. "Ich habe mein halbes Berufsleben mit der Staatsholding und deren Beteiligungen zugebracht", sagte sie in ihrem Eingangsstatement, in dem sie hervorhob, dass es auch unter SPÖ-geführten Regierungen unterschiedlichste Privatisierungspläne gegeben habe. "Die Regierung Kurz I hat die Strategien für die Staatsbeteiligungen offensiver angelegt", erwähnte sie auch.
  • Eigentlich hätten sich die Abgeordneten Antworten von Hlawati in deren Funktion als Anwältin der Öbag erwartet. Die Auskunftsperson verwies aber auf ihre anwaltliche Verschwiegenheit, was Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl als "betrüblich" bezeichnete und nachfragte: "Haben Sie sich (um eine Entbindung, Anm.) bemüht?" Sie habe mit den zuständigen gesprochen, antwortete die Anwältin. Allerdings seien auch Interessen dritter Parteien betroffen. Sie habe sich um eine Entbindung von sich aus bemüht, sagte sie mehrmals - sowohl bei Öbag als auch beim Finanzministerium. Aber das sei abgelehnt worden. Laut SPÖ-Politiker Krainer habe man auch versucht, dass sich der U-Ausschussvorsitzende, Wolfgang Sobotka (ÖVP), darum bemühe solle, aber der habe das gar nicht versuchen wollen. Heute war allerdings Andreas Hanger (ÖVP) der Vorsitzende, sodass Sobotka dazu nichts dazu sagen konnte.
  • Zum "Projekt Edelstein" gab Hlawati an, dass sie von Post-Generaldirektor Pölzl erstmals darüber informiert worden sei. Inhalt sei eine "Überlappung" mit dem BRZ gewesen: Beide Bereiche habe man "synergetisch zusammenfassen" wollen. Ob sie von einem möglichen Verkauf des BRZ an die Post erfahren habe? "Ich glaube, es hat mehrere Möglichkeiten gegeben, die evaluiert wurden." Insgesamt habe es drei Gespräche mit Pölzl gegeben.
  • Warum Hlawati beim Öbag-Gesetz mitarbeiten sollte, wollte die Grüne Nina Tomaselli wissen. "Vermutlich weil man mir die Erfahrung zugetraut hat", so Hlawati. Ansonsten entschlug sich die Anwältin praktisch laufend unter Berufung aufs Anwaltsgeheimnis.

(Red./APA)

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