Brad Mehldau

David Bowie als bester Beatle und eine Lockdown-Suite

Brad Mehldau (Archivbild).
Brad Mehldau (Archivbild).(c) imago images/BRIGANI-ART (BRIGANI-ART/HEINRICH via www.imago)
  • Drucken

US-Pianist Brad Mehldau zeigte sich im Konzerthaus ungewöhnlich vital.

Mit „Suite: April 2020“, einer musikalischen Reflexion des Lockdowns, begann Brad Mehldau sein erstes Konzert seit März: kleine Stücke, die zuweilen seltsam fröhlich wirkten. „Waking Up“ erinnerte in seinem Off-and-On-Duktus an Randy Newman; in „Keeping Distance“ spielten die linke und die rechte Hand, als wären sie Personen, deren Kommunikation behindert ist. Das klang nicht einmal betrübt. Schade, schließlich ist Mehldau gerade im Elegischen am stärksten.

Dann der Wechsel ins Pop-Repertoire. Neil Youngs „Don't Let It Bring You Down“ recht sentimental, aber viel zu schnell. Erste Jubelrufe für Billy Joels „New York State Of Mind“: Mehldau dekonstruierte zart und fand doch immer wieder beherzt zum Hauptthema zurück. Bei „Look For The Silver Lining“ – von Chet Baker zum Jazzklassiker erhoben – klang Mehldau so verträumt und leicht verloren, wie man ihn liebt. Seltsam schüchtern wirkte, wie er sich seinem Flügel näherte, wenn er solch zartbittere Motive entwickelte. Seine Ansagen waren trotz Mikrofon schmerzhaft leise.

Der Beatles-Part begann mit einem vitalen „I Am The Walrus“, dann kamen weniger bekannte Songs wie „Baby, It's You“. Kenner nickten zufrieden beschwingte Versionen von „Your Mother Should Know“ und „She Said She Said“ ab. Tiefer unter die Haut „Maxwell's Silver Hammer“: mutig verlangsamt, doch unterschwellig swingend. Oft kurvte Mehldau abenteuerlich schnell durch die Motive; melancholische Melodien, die er früher episch zelebriert hat, etwa „And I Love Her“, ließ er leider aus. Das butterweich gespielte „Golden Slumbers“ bezirzte indes uneingeschränkt. Doch zum Höhepunkt des Abends wurde die zweite Zugabe: das luzide interpretierte „Life On Mars“ von David Bowie. Wäre interessant, was dessen Originalpianist Rick Wakeman zu dieser Version zu sagen hätte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.