Übernahme

Liebeswerben um die Börse Mailand

(c) REUTERS (Flavio Lo Scalzo)
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Deutsche und Schweizer Börse matchen sich mit Euronext um den Marktplatz.

Frankfurt/Zürich. Im Rennen um die Übernahme der Mailänder Börse kämpft die Deutsche Börse um die Gunst der italienischen Behörden. Diese haben am Ende das letzte Wort in der Frage, wer den Zuschlag für die Tochter des britischen Börsenbetreibers LSE erhält.

Die Deutschen hätten der Borsa Italiana im Fall einer Übernahme weitgehende Selbstständigkeit zugesichert, sagten mit der Sache vertraute Personen. Neben der Deutschen Börse haben auch die Schweizer Börse SIX sowie die Mehrländerbörse Euronext Angebote gelegt.

Die Deutsche Börse sei in Gesprächen mit einem italienischen Partner über ein Gemeinschaftsunternehmen, um Borsa Italiana zu übernehmen, erläuterten Insider. Der Regierung in Rom versprach sie einen Sitz in ihrem Aufsichtsrat. Zudem sagte sie zu, dass die Mailänder Börse weiterhin von einem Italiener geführt werden solle. Die Frankfurter lehnten einen Kommentar ab.

Schweizer Charme

Auch die Schweizer fahren eine Charmeoffensive, um grünes Licht aus Rom zu bekommen. SIX-Chef Jos Dijsselhof sagte der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“, er sei bereit, einen italienischen Partner „signifikant“ einzubeziehen. Zudem bot er italienischen Vertretern Sitze im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung von SIX an. Man sei bereit, bei der Ausgestaltung der Führungsstrukturen die Interessen der Regierung in Rom und des ganzen Landes zu berücksichtigen.

Bereits am Wochenende hatte die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtet, dass der Schweizer Börsenbetreiber bei einer möglichen Übernahme ähnlich verfahren würde wie bei der kürzlich vollzogenen Übernahme der Madrider Börse Bolsas y Mercados Españoles (BME) im Juni. Man würde der Mailänder Börse also Autonomie gewähren, am Management festhalten und den Namen belassen. Angeblich hat SIX das höchste Angebot vorgelegt. Der Wert der Borsa Italiana wird auf drei bis vier Mrd. Euro geschätzt.

Euronext bietet bereits offiziell gemeinsam mit der italienischen Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti und dem italienischen Institut Intesa Sanpaolo für die Borsa Italiana. Insider sagten, die Regierung in Rom sei sehr daran interessiert, dass Euronext die Oberhand gewinne, da sie ein Mitspracherecht bei der zukünftigen Strategie und beim Management der Borsa Italiana anstrebe.

Italiens Finanzminister Roberto Gualtieri habe sich in der vergangenen Woche bei einem privaten Treffen in Rom mit Euronext-Chef Stéphane Boujnah über die Zukunft der Mailänder Börse ausgetauscht.

Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg hat Euronext ein Angebot in Höhe von ungefähr 3,5 bis 4 Milliarden gelegt.

LSE muss verkaufen

Der britische Börsenbetreiber LSE muss die Tochter in Mailand zumindest zum Teil verkaufen, um von der EU-Wettbewerbsbehörde grünes Licht für die 27 Milliarden Dollar (22,8 Milliarden Euro) teure Übernahme des Datenanbieters Refinitiv zu bekommen. Refinitiv ist ein Gemeinschaftsunternehmen vom US-Investor Blackstone und dem Datenanbieter Thomson Reuters. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2020)

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