Ökonom: Fed-Entscheidung ein "Akt der Verzweiflung"

Federal Reserve Building
(c) AP (J. Scott Applewhite)
  • Drucken

Das Vorgehen der Fed könne in einer "ausgewachsenen Inflationspolitik" münden, befürchtet ein deutscher Ökonom: "Dann brechen die Dämme". Betroffen wäre auch die Konjunktur der europäischen Länder.

Weil der Aufschwung in den USA noch nicht selbsttragend ist, gibt es weiter Stimuli für die amerikanische Wirtschaft – vorerst in Form einer weiterhin expansiven Geldpolitik. Die US-Notenbank Fed hat Dienstag Abend wie erwartet die Zinsen in einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent belassen – und betont, dass sie "noch für einen längeren Zeitraum extrem niedrig bleiben" werden. Fortgesetzt wird aber auch die Politik des "lockeren Geldes", wie "Die Presse" berichtet.

"US-Notenbank hat gar keine Wahl"

So soll die Wirtschaft angeheizt werden, sagt Peter Mooslechner, Ökonom der Österreichischen Nationalbank, im "Ö1 Mittagsjournal": "Die US Notenbank pumpt aber nicht frisches Geld in den Markt, gibt also nicht neue Anleihen aus, sondern kauft bestehende Anleihen von Finanzinstituten". Die Fed habe keine andere Wahl, als die Politik des billigen Geldes fortzusetzen. "So lange die Wirtschaft nicht auf eigenen Beinen stehen kann, braucht sie Hilfe, und die muss die Notenbank leisten".

Dass die US-Notenbank diese Aktion gerade jetzt startet, habe einen einfachen Grund. "Viele Hypothekenbanken, die sich wegen der Krise Geld ausgeborgt haben, also Anleihen gekauft haben, müssen diese jetzt zurück geben. Das Geld steckt die Fed aber nicht ein, sondern investiert es weiter", sagt Mooslechner. Aber nicht in den Immobiliensektor, der wieder stark schwächelt, sondern in alle Wirtschaftssektoren, weil die gesamte Wirtschaft zu kämpfen habe.

"Fed nicht so sehr in Panik wie der Markt denkt"

US-Experten äußerten sich in ersten Reaktionen "Spiegel Online" zufolge zufrieden mit dem vorsichtigen Gegensteuern der Fed. "Wir sehen, dass die Fed nicht so sehr in Panik ist, wie der Markt denkt, aber sie wollen auch nicht, dass ihre Bilanz abnimmt und deshalb investieren sie frei werdenden Mittel in Staatsanleihen", sagte Anleihespezialist Ward McCarthy von Jeffries & Co.

Auch Gary Thayer von Wells Fargo kann der Aktion einiges abgewinnen: "Der Aktienmarkt mag es anscheinend. Indem sie die Hypothekenpapiere nicht verfallen lassen, sondern das Geld weiter verwenden, bestätigen sie den Kurs und behalten den Grad der Unterstützung bei."

"Ökonomisch nicht nachvollziehbar"

Doch vor allem deutsche Ökonomen üben an dieser Entscheidung vehemente Kritik. "Die Idee, dass mit dauerhaft niedrigen Zinsen und einem Ausweiten der Geldmenge die Krise, die durch zu niedrige Zinsen und zu viel Kredit und Geld verursacht wurde, aus der Welt geschaffen werden kann, ist ökonomisch nicht nachvollziehbar", sagt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Barclays Capital Deutschland, laut "Handelsblatt Online". Er befürchtet, dass das Vorgehen der US-Notenbank in einer "ausgewachsenen Inflationspolitik" münden könnte.

"Schwenken die USA auf eine Inflationspolitik ein, brechen die Dämme", warnt Polleit. Andere Währungsräume würden dann ebenfalls auf diese Politik einschwenken. Alle stünden vor dem selben Problem: Zu hohe Schulden. Eine Abwertung des Geldes wäre der politisch einfachste Weg aus der Schulden-Sackgasse.

"Akt der Verzweiflung"

Auch der deutsche Ökonom Max Otte wäre laut "Handelsblatt Online" von einem Ausweg Inflation nicht überrascht. "Amerika ist in dreifacher Hinsicht verschuldet: als Nation gegenüber Ausland, als Staat gegenüber Bürgern und Ausland und die Bürger selber sind auch hoch verschuldet". Sein Schluss: "Unter diesen Umständen wird die Fed immer das Risiko einer Inflation dem eines Wirtschaftsabschwungs vorziehen".

Barclays-Ökonom Polleit spricht von einem "Akt der Verzweiflung" der Fed. "Kippt die US-Konjunktur, werden auch die europäische und insbesondere die deutsche folge", sagt er. Zwar wird in Deutschland das "neue Wirtschaftswunder" (siehe auch die dazu passende SuperMarkt-Kolumne vom 7. August) bejubelt, doch Polleit warnt davor, zu übersehen, dass es sich um eine Sonderkonjunktur handelt: "Erstens profitieren deutsche Unternehmen von Nachholinvestitionen in vielen Ländern, zweitens erzeugen die extrem niedrigen EZB-Zinsen einen künstlichen Ausgabe-Boom".

(Ag.)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.