Wieso hakt es bei der Eigenverantwortung? Und warum ist es wichtig, zwischen Politikern und Experten sauber zu trennen? IHS-Chef Martin Kocher analysiert Kommunikationsfehler der Regierung und Konstruktionsfehler der Ampel.
Die Presse: Sie sind nicht nur Chef des IHS, sondern leiten dort auch die Abteilung Insight Austria, die sich mit der Analyse und Steuerung von menschlichem Verhalten befasst. Was meinen Sie als Verhaltensökonom – warum klappt es derzeit mit der viel zitierten Eigenverantwortung nicht? Liegt es an den Bürgern oder an der Politik?
Martin Kocher: Wenn die Bedrohung abnimmt, verschlechtert sich auch das Maß der Eigenverantwortung. Das ist über den Sommer geschehen und völlig normal. Ich gehe davon aus, dass mit den steigenden Infektionszahlen auch die Eigenverantwortung wieder steigt. Wobei: Es liegt schon auch an der Politik. Es ist für die Regelbefolgung nicht gut, wenn sich Regeln oder die Konsequenzen aus Regeln rasch ändern. Da kommt man nicht mehr mit und befolgt lieber gar nichts mehr oder macht nur das, was man selbst für richtig hält.
Aber kann die Politik klare Regeln vorgeben, wenn sie unterschiedliche Botschaften aussenden muss? Einerseits sollen die Menschen aufpassen, andererseits weiter konsumieren.