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Rätselhafter als explodierende Bäume: Fünf Filme über das Leben im Wald

Filmakademie Wien
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Die Österreicher »leben im Wald«, meinte jüngst Donald Trump. Strittig. Aber wer weiß: Vielleicht macht uns Corona noch alle zu Schraten. Als Prophylaxe: Fünf Filme über Menschen unter Bäumen.

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Hagazussa

Von Lukas Feigelfeld, 2017
Zu sehen auf Netflix

Nein – „explosive Bäume“ und „Waldstädte“ sind in Österreich nicht ganz so weit verbreitet, wie der US-Präsident vermutet. Aber dass es hierzulande einen besonderen Bezug zum Tann gibt, damit hat er nicht ganz unrecht. Schließlich machen Wälder fast die Hälfte der heimischen Landesfläche aus, Holz ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Und das dunkle Dickicht bietet seit jeher fruchtbaren Nährboden für allerlei Sagen und Mythen: Ruft man bei uns in den Wald hinein, schallt oft Unheimliches heraus.

Eben dieses Legendensubstrat nutzt Lukas Feigelfeld in seinem bemerkenswerten Langfilmdebüt „Hagazussa“ als Gerüst für ein atmosphärisch dichtes, psychotrop unterfüttertes Horrordrama, dessen raumgreifende Ästhetik eine willkommene Ausnahmeerscheinung im deutschsprachigen Kinokontext darstellt.

Eine Frau (Aleksandra Cwen), die in einer abgeschiedenen Klause haust (gedreht wurde teils unweit des Wolfgangsees), verliert jung ihre Mutter (toll: Claudia Martini) und wird fortan von ihrem dörflichen Umfeld geächtet. Im dräuenden Düsterforst eingekesselt kappt sie zusehends den Bezug zur grausamen Wirklichkeit – und das tut mit ihr auch der Film, dessen Bild- und Tonebene zerfließt wie ein narrischer Schwammerltrip: Eine Traumreise der etwas anderen Art.

Wald der Echos

Von Luz Olivares Capelles, 2016
Gratis zu sehen in der Mediathek der Darstellenden (mediathek.mdw.ac.at)

Der Halbstünder „Wald der Echos“ gehört zu den faszinierenden Anomalien des Austro-Kunstfilmschaffens, ein rätselhaftes Symbolstück über drei Mädchen, die, scheinbar im Grün verlaufen, seltsame Spiele spielen und sonderbare Szenarien durchexerzieren. Was das alles zu bedeuten hat? Schwer zu sagen – aber die eigentümliche Stimmung (befördert von einer Raschelrausch-Geräuschkulisse) nimmt ein. Zum Frei-Stream in der Mediathek der Darstellenden.

Mud

Von Jeff Nichols, 2012
Zu sehen auf Amazon

Wer hat als Kind nicht davon geträumt, im Wald zu leben? Ein Baumhaus zu besetzen, sich Instrumente zu schnitzen, wild und frei durchs Geäst zu flitzen? Das schöne Drama „Mud“ verflicht diese Fantasie mit Spannung und melancholischem Sozialrealismus: Zwei Buben finden auf einer dicht bewachsenen Mississippi-Insel das Versteck eines Gesetzesflüchtigen (Matthew McConaughey), der Hilfe heischt und ihre Freundschaft gewinnt – ein gefährliches Abenteuer beginnt.

Prinzessin Mononoke

Von Hayao Miyazaki, 1997
Zu sehen auf Netflix

Der japanische Animationsdoyen Hayao Miyazaki ist ein erklärter Naturfreund. Viele seiner Arbeiten thematisieren den Widerstreit zwischen menschlichem Raubbau und ökologischem Gleichgewicht. „Prinzessin Mononoke“ stellt das Dilemma in den Mittelpunkt: Hier herrscht buchstäblich Krieg zwischen Menschen und Waldwesen, deren Erscheinung zwischen liebreizend und bedrohlich schwankt – aber stets atemberaubend in Zeichentrick-Szene gesetzt wird.

Leave no Trace

Von Debra Granik, 2018
Zu sehen auf Netflix

Beim Filmfest von Venedig trug heuer der Film „Nomadland“ von Chloé Zhao den Hauptpreis davon. Er handelt von sozial Abgedrängten, die mit dem Wohnmobil in die Wüste driften, um dort bescheidene Gemeinschaften zu kultivieren. 2018 malte eine andere US-Regisseurin ein (auch ästhetisch) vergleichbares Porträt zweier Außenseiter, die versuchen, sich autonom zu absentieren. Nur ist ihre Zuflucht der Wald: Debra Graniks „Leave No Trace“ schildert den klandestinen Alltag eines Vater-Tochter-Gespanns (super: Ben Foster und Thomasin McKenzie).

Ein unentdecktes Auskommen im Schoße eines blättersatten Nationalparks ist ihnen jedoch nicht lange beschieden. Gefasst von den Behörden werden sie freundlich, aber bestimmt zur gesellschaftlichen Integration angehalten. Die Tochter Tom kann sich mit dem Gedanken anfreunden. Der Vater Will weniger. Mit viel Empathie und dokumentarischem Gespür skizziert Granik unterschiedliche Lebensmodelle im prekarisierten Amerika der Gegenwart, ohne sie gegeneinander auszuspielen. Feinfühlig arbeitet der Film auch die widersprüchlichen Bedürfnisse zweier Generationen heraus, konturiert ein diffiziles Spannungsfeld, wo Unabhängigkeit und Vertrauen, Freiheit und Geborgenheit im Clinch liegen. Und trifft mit seinem Finale mitten ins Herz.

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