Anders Tegnell

Begegnung mit dem umstrittensten Chefepidemiologen Europas

In der Serie „Expedition Europa“: Pressetermin ohne Mundschutz in Stockholm – was Anders Tegnell zu sagen hat.

Vergangenen Donnerstag traf ich den umstrittensten Chefepidemiologen Europas, ich besuchte Anders Tegnells 93. „Pressträff“ zu Corona. Ungefragt bekam ich ein Interview. Tegnell gibt nach jeder Pressekonferenz zehn bis 15 dreiminütige Einzelinterviews, in schwedischer Gleichmacherei nimmt er alle dran. Ich wollte vor allem hören, wie er das Versagen in den 2000 bis 2002 privatisierten Altersheimen bewertet, in denen unqualifizierte, schlecht bezahlte Pflegerinnen ohne langfristige Arbeitsverträge – „Vikarierinnen“ genannt – das Virus verbreiteten. Ein großer Teil der 5851 schwedischen Corona-Toten starb in Altersheimen.

Vor der Stockholmer Gesundheitsbehörde „Folkhälsomyndigheten“ hielten ein paar Demonstranten Kartons hoch, auf denen sie die schwedischen Todeszahlen mit Finnland und Norwegen verglichen. In Schweden ist alles anders: Während sonst in Europa gegen die Beschneidung von Bürgerrechten im Namen des Virus demonstriert wird, wollen die Protestierer hier härtere Zwangsmaßnahmen des Staates.

Die Zahlen, die Tegnell vortrug, wiesen Schweden erneut als große Ausnahme aus. Während die Infektionen anderswo hochschnellten, verzeichnete Schweden in Woche 35 nur 1335 Neuinfektionen, nur 1,2 Prozent aus einer Rekordzahl vorgenommener Tests. Der Sommer war demütigend gewesen, kaum ein Land ließ Schweden einreisen, ich hörte Genugtuung heraus, als Tegnell nun die Schweden vor Auslandsreisen warnte. Er sagte: „Die Situation in Schweden unterscheidet sich von der anderer Länder in Europa, weil wir nicht von einer Schließung der Gesellschaft zu einer Wiedereröffnung übergehen.“

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