Die österreichische Bundesverfassung feiert den 100. Geburtstag, „Die Presse“ den 30. unseres „Rechtspanoramas“. An dieser Stelle die leise Empfehlung an die Politik, beides zu beachten.
Die Kreativität bei Namensfindungen und Begrifflichkeiten lässt mitunter einen tiefen Blick auf das österreichische Unterholz und den Umgang mit dem wichtigsten Kompass der Gesellschaft zu: dem Recht. Da gibt es sogenannte Kavaliersdelikte oder – fast noch absurder – die Formulierung „Realverfassung“. Dieses Kunstwort impliziert, dass die österreichische Bundesverfassung, über deren Eleganz sich streiten lässt, nicht real, also nicht so wichtig sei.
Stattdessen gäbe es eine andere Verfassung, die offenbar Traditionen oder Machtpolitik folgen dürfte. Die dürfte dann Sätze beinhalten wie „Das Recht geht vom Landeshauptmann aus“ und das Drehbuch diverser Satiren darstellen, die übrigens immer häufiger mit dem Zusatz „Real“-Satire Absurditäten und politisch-rechtliche Vergehen – wie sie im Ibiza-Video zu sehen waren – verharmlosen. Nein, es gibt keine Realverfassung, es gibt eine Bundesverfassung, der auch die Regierung unterstellt ist. Ist sie das nicht, ist sie nicht legitimiert.