Fotografie

Ein Shootingstar, der sich spielt

Der junge Fotokünstler Simon Lehner schummelte schon 3-D-Bilder in eine Modestrecke der US- »Vogue«. Im Westlicht zeigt er jetzt eine Serie über konstruierte Hypermaskulinität.

Interessant werde es immer nach den ersten 30 Stunden. Nach 30 Stunden wenig Schlaf, wenig Essen, langen Märschen und dauerndem Lärm von Bomben und Granaten. Dann erst beginne sich die harte Fassade aufzulösen, beginnen sich die Männer, die anfangs Berührungen scheuten, zu helfen, werden sie weicher, verletzlicher. Dann erst drückt Simon Lehner ab. Das seien die Momente, auf die er warte, sagt er.

Jahrelang hat der junge Fotokünstler, Jahrgang 1996, dafür in der Softair-Szene recherchiert, die einer Art von militantem Geländespiel frönt. Ziel dieser Subkultur sei es, so Lehner, in abgelegenen Waldgebieten oder verlassenen Militärstationen, hierzulande meist in Tschechien oder im Grenzgebiet Österreich/Ungarn, reale Kriege zu simulieren, wie die in Irak oder Afghanistan.

Geschossen wird dabei mit Kunststoffkugeln, sogenannter Softair-Munition. Bis zu 1500 Mitspieler haben sich an den Wochenenden getroffen, die er erlebt hat. Dabei wurde „ein derart hohes Level an Realismus erreicht, dass die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwammen und eine eigene soziale Realität entstand“. 2015 begann Lehner, über einschlägige Internetforen Kontakt aufzunehmen, 2018/19 stellte er die Serie „Men don't play/Men do play“ fertig, die zur Zeit in der Fotogalerie Westlicht als Sidekick zur „World Press Photo“-Ausstellung präsentiert wird. Künstlerisch allerdings spielt sie dort die Hauptrolle.

Denn Lehners Konzept macht einen speziell in dieser Serie fast schwindeln, er fordert unsere Wahrnehmung von Realität, Fiktion und deren Konstruktionen gleich auf mehreren Ebenen heraus, technisch und inhaltlich: So mischte er unter die dokumentarischen Fotos der inszenierten Schlachten Thermalaufnahmen von Drohnen, vor allem aber rein digital generierte 3-D-Bilder, die täuschend echt aussehen. Diese Technik werde in der Werbung schon seit 2014 angewendet, bei Autos zum Beispiel, erklärt Lehner. In der Kunst dagegen sei das „ein total neues Thema“.

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