Leben

Notizen einer schwarzen Deutschen

Ein Bild aus Kindheitstagen: Florence Brokowski-Shekete.
Ein Bild aus Kindheitstagen: Florence Brokowski-Shekete.Archiv K. Oguntoye/Familie Reiprich und Adomako
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In ihrer neu erschienenen Autobiografie erzählt die Pädagogin Florence Brokowski-Shekete von ihrem Leben als schwarzes Kind in einer weißen Pflegefamilie: Ein Gespräch über Alltagsrassismus, Zugehörigkeit, Humor und Grenzüberschreitungen.

Es war zu einer Zeit, als Florence Brokowski-Shekete bereits erwachsen und als Lehrerin tätig war. Vor ihr stand eine ihrer Schülerinnen, das schwarze Mädchen hatte sich eine Schleife in die Haare geflochten, so, wie es Brokowski-Shekete bisweilen auch tat. „Eine schöne Schleife hast du da“, sagte die Lehrerin. „Ich mache das wie Sie“, antwortete das Mädchen. An Momenten wie diesen realisierte Brokowski-Shekete, wie bedeutsam ihre Anwesenheit war. „Die Kinder“, sagt sie, „brauchen in ihrem schulischen Umfeld ein Gesicht, das sie repräsentiert.“

Diesen Momenten standen zutiefst bittere Erfahrungen gegenüber. An einem Tag fand Brokowski-Shekete ihre Jacke komplett zerschnitten vor, nicht ein Schüler war hier am Werk, sondern nachweislich eine Lehrperson. „Da fühlte sich keiner richtig verantwortlich“, erinnert sich Brokowski-Shekete, „letztendlich ist jeder froh, wenn er nichts damit zu tun hat. Es kann sich in einer weißen Umgebung auch kaum jemand in die Lage der Betroffenen hineinversetzen. Wer zeigt sich da schon solidarisch?“

Der Alltagsrassismus, den Brokowski-Shekete erlebt, hat viele Facetten. „Noch heute glauben Menschen, mein afrikanisches Leben, meine afrikanische Biografie deuten oder gar interpretieren zu können“, schreibt sie in ihrem neu erschienenen Buch „Mist, die versteht mich ja“. Der Titel ist einer Situation von vor zwei Jahren geschuldet, als die Teilnehmer einer Gesprächsrunde wie selbstverständlich davon ausgingen, dass die schwarze Frau kein Deutsch spricht. Situationen wie diese könne sie mit Humor nehmen – im Gegensatz zu Grenzüberschreitungen, wenn etwa wildfremde Menschen ihre Haare anfassen wollen. Oder wenn jemand mit ihrem weißen Partner spricht, aber eigentlich sie meint.

Der Faden, der sich durch Brokowski-Sheketes Leben zieht, ist die Frage (der anderen) nach ihrer Zugehörigkeit zu Deutschland. „Niemand mit dunkler Hautfarbe kommt ,einfach‘ mal so aus Hamburg, und schon gar nicht aus Buxtehude“, schreibt sie. Die Frage, wo sie herkomme, ziele oftmals darauf ab, wo sie „wirklich“ herkomme, dass sie also mit ihrem Aussehen doch nicht aus ihrer Mitte sein könne. Das stetige Beantworten dieser Frage habe sie schließlich dazu bewogen, ihr Buch zu verfassen. Wo Brokowski-Shekete herkommt, ist indessen ganz einfach zu beantworten: Buxtehude. Ihre Familiengeschichte gestaltet sich da ein wenig umfangreicher.

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