Interview

Susanne Raab: „Da fühlt man sich als Fremder dann weniger fremd“

„Ich will keine segregierten Milieus bilden, in denen kein Deutsch gesprochen wird“: Susanne Raab (ÖVP).
„Ich will keine segregierten Milieus bilden, in denen kein Deutsch gesprochen wird“: Susanne Raab (ÖVP).Die Presse/Clemens Fabry
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Integrationsministerin Susanne Raab über das Aufbrechen von Parallelgesellschaften, das Wegsehen der Stadt Wien und die Weigerung der ÖVP, Kinder aus Moria zu nehmen. Die Deutschklassen hätten den ersten Test bestanden.

Die ÖVP ist berühmt für ihre Message Control. Mit Ihrem „Little Italy“-Sager, mit dem Sie auf die Probleme der Parallelgesellschaften aufmerksam machen wollten, haben Sie letztlich aber all jenen, die das nicht so wahrhaben wollen, einen Elfmeter aufgelegt: Das Thema wurde dann einfach mit dem Verweis auf die nächstgelegene Pizzeria weggeblödelt.

Susanne Raab: Wenn man das ins Lächerliche zieht, dann hat man die Probleme rund um die Parallelgesellschaften einfach nicht verstanden. Worum es mir geht: Wir wollen eine Gesellschaft, in der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammenkommen und gemeinsam miteinander leben. Und nicht segregierte Milieus bilden, in denen kein Deutsch gesprochen wird, wo es keinen Kontakt mit der Mehrheitsbevölkerung gibt. Und diese Ansätze gibt es auch schon in Österreich: Es gibt Viertel, in denen es keinen Kontakt mit der Mehrheitsgesellschaft gibt. Da bleiben Menschen innerhalb ihrer Community, man geht zum türkischen Supermarkt, spielt im türkischen Fußballverein, geht in die Moschee, und es gibt keinen Kontakt zur Außenwelt. Das ist nicht meine Vorstellung von Integration. Es geht darum, dass man inklusiv zusammenlebt. Parallelgesellschaften sind eine Gefahr für den Zusammenhalt. Und die Spitze des Eisbergs sind dann Gewalteskalationen wie in Favoriten. Oder wie die kürzlich bekannt gewordene Paralleljustiz bei Tschetschenen durch sogenannte Sittenwächter.

Wie verhindert man diese Parallelgesellschaften beziehungsweise wie bricht man sie auf?

Viele Parallelgesellschaften haben sich innerhalb der Großstadt entwickelt, weil Wien für Zuwanderer sehr attraktiv ist. Einerseits wegen der höheren Sozialleistungen – 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher sind in Wien, mehr als die Hälfte sind ausländische Staatsangehörige, davon zwei Drittel Flüchtlinge. Aber auch die bereits bestehende Community ist ein Grund, warum Zuwanderer nach Wien kommen. Da fühlt man sich als Fremder dann weniger fremd. Man muss also erstens die Probleme ansprechen, dann mehr in die Sozialarbeit investieren, und es braucht ein vernünftiges Stadtteilmanagement. Sehr wichtig ist das Erlernen der deutschen Sprache: Da muss man aus meiner Sicht auch die Sozialleistungen der Stadt Wien daran koppeln. Und man muss sich schon überlegen, wie die Zusammensetzung der Schulen in Wien aussieht.

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