Ein britisches Gericht als Glücksfall

Die Milliardenklage gegen Julius Meinl V. wird in London entschieden. Zum Glück. Denn in Österreich würde ein Verfahren ewig dauern.

Das Management der Immobilienfirma Atrium (früher MEL) hat sich aus gutem Grund entschlossen, die Milliardenklage gegen die Meinl Bank und Julius Meinl V. in London einzubringen. Denn Julius Meinl V. besitzt einen britischen Pass, und Atrium hat seinen Firmensitz auf der britischen Kanalinsel Jersey. In Österreich würde ein Verfahren sieben Jahre dauern, meint die Atrium-Anwältin Bettina Knötzl. London als Gerichtsort könnte sich für alle Beteiligten, für die selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt, als Glücksfall herausstellen. Denn damit zeichnet sich ab, dass auch die in Österreich seit Jahren laufenden Ermittlungen gegen Meinl frischen Schwung bekommen werden.

Ähnliches war schon bei der Bawag und bei der Kärntner Hypo zu erleben: Erst nach einer Refco-Klage in den USA ging die Wiener Justiz den Karibik-Geschäften der Bawag auf den Grund. Und im Hypo-Skandal war es die Münchner Staatsanwaltschaft, die Hausdurchsuchungen in Deutschland und Österreich durchsetzte. Erst danach wurden in Klagenfurt die Erhebungen aufgenommen.

Wer erinnert sich noch an Libro? 2001 ist die Buchhandelskette in die Pleite geschlittert. Anleger verloren Millionen. Einen Prozesstermin gibt es noch immer nicht. In den meisten großen Wirtschaftsfällen geht nichts weiter. Dies schadet dem Finanzplatz Österreich und der Wiener Börse. Für Anleger ist es besser, ihr Geld anderswo zu investieren. Denn woanders werden Streitfälle viel schneller geklärt. (Bericht: Seite 1)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2010)

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