Vom Recht, dem Einzelfall und den weichen Faktoren dahinter – und was die Digitalisierung bringt.
Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.
Wien. Es gibt kaum ein Klischee, das so häufig wiederholt wird wie jenes, Juristinnen und Juristen würden auf jede beliebige Rechtsfrage immer dieselbe Antwort geben: Es komme stets auf die Umstände, auf die Besonderheiten, die Neuheiten des Einzelfalls an. Alles könne heute anders sein als gestern, der Sachverhalt in einer Nuance verschieden, ein Gesetz novelliert, ein Richter in Pension gegangen, höherrangiges Recht verändert, niedrigerrangiges Recht geschaffen sein. Märkte, Ethik, Technologie, Moral, Politik, alles verändert sich ständig, kann heute ungewiss machen, was noch gestern sicher schien. Recht ist, wie Luhmann so treffend es beschrieben hat, eine historische Maschine, die Ungewissheit in nur vorläufige Gewissheit transformiert und dafür Zeit (ver-)braucht. Auf jedes Verfahren kann und muss man sich erst deshalb einlassen, weil sein Ausgang (erneut) ungewiss ist – bis zum nächsten Verfahren. Vor dem Gesetz steht (stets), lehrt uns Franz Kafka, ein Türhüter.