Meinl auf zwei Milliarden Euro geklagt

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Anleger der Firma Atrium-MEL wollen Zugriff auf das Vermögen von Julius Meinl V. Die Meinl Bank und Julius Meinl weisen die Klage als "absurd und populistisch" zurück: sie habe "erpresserischen Charakter“.

Für Julius Meinl V. und die Meinl Bank geht es ums Eingemachte: Die Immobilienfirma Atrium (früher Meinl European Land) hat am Mittwoch vor dem britischen „High Court of Justice“ eine 2,1 Milliarden Euro schwere Schadenersatzklage gegen die Bank und mehrere Verantwortliche des Meinl-Imperiums eingebracht. Noch nie zuvor wurde von einem österreichischen Unternehmen eine so hohe Summe eingefordert. Zum Vergleich: Die Gläubiger des früheren US-Brokers Refco verklagten 2006 die Bawag vor einem New Yorker Gericht auf 1,3 Milliarden US-Dollar Schadenersatz.

Die Immobilienfirma MEL wurde von der Meinl Bank gegründet und an die Wiener Börse gebracht. Im Frühjahr 2008 übernahmen die US-Bank Citigroup und der israelische Immobilienfonds Gazit Globe das Ruder. Sie tauften MEL in Atrium um.

Julius V. als „Mastermind“?

Bei der Klage geht es „um einen Anspruch von über zwei Milliarden wegen Verlusten und Schäden“, die von den früheren Meinl-Managern verursacht worden seien, erklärte die Wiener Atrium-Anwältin Bettina Knötzl, Partnerin der Kanzlei Wolf Theiss.

Ihren Angaben zufolge soll Julius Meinl V. bei den mutmaßlichen MEL-Malversationen der „Mastermind“ und „Anstifter“ gewesen sein. Diverse E-Mails würden zeigen, dass Julius Meinl V. in wichtige MEL-Entscheidungen eingebunden war.

Der Betroffene und die Meinl Bank weisen die Vorwürfe „als völlig absurd und populistisch“ zurück. Laut Thomas Huemer, dem Sprecher der Meinl Bank, habe die Klage „erpresserischen Charakter“. Das Institut behalte sich rechtliche Schritte gegen Atrium vor. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Laut Knötzl habe Atrium ein Expertenteam eingesetzt, das die MEL-Geschäfte vor dem Einstieg von Citigroup und Gazit unter die Lupe genommen habe: „Das Ergebnis ist schockierend.“

In der 80-seitigen Klagsschrift heißt es, MEL sei das Opfer von Untreue, Betrug und Marktmanipulation sowie von schweren Pflichtverletzungen geworden.

Mehrmals habe die MEL-Führung, die in der Klage als „innerer Kreis“ bezeichnet wird, die Pflichten gegenüber der Gesellschaft und ihren Anlegern verletzt. Die Meinl Bank und Julius Meinl V. sollen sich auf Kosten von MEL bereichert haben. „Wir kämpfen hier auf der gleichen Seite wie die Kleinanleger“, sagt Knötzl.

Die Klagssumme von 2,1 Mrd. Euro setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen: Zunächst geht es um eine Kapitalerhöhung und einen MEL-Aktienrückkauf, durch die ein Gesamtschaden von 1,8 Milliarden Euro entstanden sein soll. Denn laut Atrium-Angaben konnten bei der 2007 durchgeführten Kapitalerhöhung 42Prozent der neuen Wertpapiere nicht auf dem Markt platzieren werden. Über eine komplizierte Konstruktion sei das Ganze verschleiert worden.

Der Rest der Klagssumme entfalle auf zu hohe Gebühren, die von der Meinl Bank verrechnet wurden, und verlorene Zinsen. Nach Angaben der Atrium-Juristin sei der Gewinn aus den umstrittenen Geschäften stets bei Meinl geblieben, das Risiko habe jedoch MEL getragen.

Die Klage wurde in London eingebracht, da Julius Meinl V. über einen britischen Pass verfügt. Hinzu kommt, dass Atrium-MEL den Firmensitz auf der britischen Kanalinsel Jersey hat. Knötzl schloss nicht aus, dass Atrium versuchen wird, auf das Vermögen von Julius Meinl zuzugreifen. „Allerdings wird das nicht leicht sein“, räumte die Wiener Juristin ein.

Meinl will „konstruktive Lösung“

Julius Meinl V. gehört laut diversen Rankings zu den reichsten Österreichern. Sein Vermögen wird auf 800 Millionen Euro geschätzt. Die Eigenmittel der Meinl Bank waren zuletzt von 359Millionen Euro (Ende 2008) auf 103Millionen Euro (Ende 2009) gesunken. Grund dafür war eine Dividende von 225 Millionen, die im Vorjahr an die Aktionäre ausgeschüttet wurde. Das Geld floss an eine holländische Gesellschaft. Spekulationen, dass Meinl damit Vermögen in Sicherheit bringen wollte, werden von der Bank dementiert. Das Institut betont, dass die Eigenmittel trotz der Dividende noch immer doppelt so hoch sind wie vom Gesetz vorgeschrieben.

Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl forderte das Management von Atrium ausdrücklich dazu auf, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen und an „konstruktiven Lösungen zu arbeiten“.

KommentarSeite 27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2010)

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