Kolumne zum Tag

Wenigstens muss man sich beim Grüßen nicht berühren

Eine Zeit lang wird man noch grinsend Ellbogen aneinander halten.
Eine Zeit lang wird man noch grinsend Ellbogen aneinander halten.(c) imago images/Westend61 (Tania Cervian via www.imago-imag)
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Das Einhalten der Corona-Regeln im Alltag muss nicht immer ein Nachteil sein.

Es gibt da dieses englische Wort im Deutschen, das im Englischen eigentlich etwas ganz anderes bedeutet: das Adjektiv touchy meint empfindlich, zickig, aber auch heikel, reizbar oder sogar leicht gekränkt. Im Deutschen verwendet man es gerne, um Menschen zu beschreiben, die übermäßig Körperkontakt suchen. (Auf Englisch würde man dafür touchy-feely verwenden.) Also Leute, die während eines Gesprächs immer wieder mit der Hand auf die des Gegenübers greifen, den Arm um die Schulter legen oder bei jedem zweiten Satz den anderen anstupsen. Und nein, das hat nicht zwangsläufig eine sexuelle Note. Unangenehm kann es trotzdem sein. „Greif mich nicht an“, denkt man jedes Mal, wenn man schon wieder einen freundschaftlichen Stoß auf den Oberarm bekommt. Lass das!

Das Berühren ist auch so eine Sache beim Begrüßen. Manche begrüßt man per Handschlag, einige legen dabei auch noch die andere Hand auf die gedrückten Hände, ein paar begrüßen mit einer angedeuteten Umarmung, andere verteilen Küsse auf die Wange (oder eine Umarmung mit gespitztem Mund, der dann in die Luft ein Schmatzgeräusch schickt), bei manchen gilt Wange links, Wange rechts, bei manchen muss man links-rechts-links den Wangentango tanzen, es ist ein einziges Greif, Grapsch, Schmatz.

Corona hat das verändert. Ja, eine Zeit lang wird man noch grinsend Ellbogen aneinander halten oder mit den Fußspitzen aufeinander klopfen. Aber auch das wird irgendwann vorbei sein. Hoffentlich. Dann reicht ein Hallo, ein Winken, bei besonders wichtigen Menschen der Griff mit der Hand zum Herz. Das genügt. Und ist nicht weniger herzlich, wenn man es ernst meint. Ständiger Körperkontakt hilft dem Virus bei der Ausbreitung. Aber eigentlich könnte man ihn doch auch nach der Pandemie etwas reduzieren. Hand drauf?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2020)

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