Wie der Streit um die Nachfolge der liberalen Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg das Präsidentschaftsrennen bestimmt – und warum eine Schlammschlacht droht.
Washington. Schon am Wochenende wich die Trauer dem politischen Streit. Nach dem Tod der Höchstrichterin Ruth Bader Ginsburg wollten sich Donald Trump und Joe Biden zunächst noch zurückhalten, um die „Titanin des Rechts” zu würdigen, wie Trump Ginsburg nannte. Nur wenige Stunden später trat der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden vor die Mikrofone und forderte das Weiße Haus auf, mit einer Neunominierung bis nach den Wahlen zu warten. Im Gegenzug ließ Trump wissen, dass er den freien Sitz „schnellstmöglich“ nachbesetzen lassen will.
Sechs Wochen vor der Wahl am 3. November werden die Karten im Kampf um das Weiße Haus neu gemischt, dessen sind sich nicht zuletzt die beiden rivalisierenden Kandidaten bewusst. Die Nominierung von Mitgliedern des Supreme Courts zählt zu den wichtigsten Entscheidungen, die in die Kompetenz des Präsidenten fallen. Die neun Mitglieder des Höchstgerichts dienen auf Lebenszeit. Ihr Einfluss auf die Zukunft der USA und die wichtigsten gesellschaftspolitischen Fragen geht weit über die Amtszeit eines Präsidenten hinaus.
Ikone der Linksliberalen
Die 1993 von Bill Clinton nominierte Bader Ginsburg galt als linksliberale Ikone. Sie setzte sich für Homosexuelle und Frauen ein, das Recht auf Abtreibung war ihr ein zentrales Anliegen. Sie galt als Vorbild vieler Frauen, war sie doch erst die zweite US-Höchstrichterin. Über die Jahre wurde die in Brooklyn aufgewachsene Tochter jüdischer Immigranten zur inoffiziellen Sprecherin des liberalen Flügels des Supreme Courts.