Als die Maskenpflicht fiel und wir uns als Musterschüler Europas im Eigenlob sonnten, schalteten viele wieder auf „Normalbetrieb“. Das Ergebnis ist bekannt.
Am Anfang war es eine Erfolgsgeschichte. Während im Nachbarland Italien die Krankenhäuser und Rettungsorganisationen völlig überfordert waren, zeigte das österreichische Gesundheitssystem seine Krisenresistenz. Die Spitäler kamen nie auch nur annähernd an ihre Kapazitätsgrenzen heran. Mit einer fast schon überheblichen Lässigkeit schauten wir auf unsere Nachbarn herab. So wird das gemacht! Und mit „wir“ sind vor allem auch die politischen Würdenträger gemeint.
Tatsächlich sorgten das kompromisslose und schnelle Vorgehen der Regierung, ein verhältnismäßig rascher Lockdown und die traditionell weitverbreitete Obrigkeitshörigkeit dafür, dass die Infektionen schnell sanken und spätestens Ende Mai für die meisten in diesem Land klar schien, dass der Spuk ein Ende hat und wir wieder in der Normalität angekommen sind. Und genau das war – besser gesagt, ist – unser Problem. Österreich funktioniert offenbar in Ausnahmesituationen besser als in der Normalität. Wir brauchen eine größere Portion Leidensdruck, um das Beste von uns zum Vorschein zu bringen.
Krisen bewältigt dieses Land vergleichsweise gut. Vom Wirtschaftswunder, das in den Ruinen der Nachkriegszeit geboren wurde, über verschiedenste Wirtschafts- und Finanzkrisen rappelte sich dieses Land immer wieder auf. Weltmeister im Durchwursteln, könnte man sagen. Aber wehe, es geht uns zu gut!