Tourismus

Kurz: "Skivergnügen ja, aber ohne Après-Ski"

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Der Wintertourismus muss sich auf eine Saison ohne klassisches Après-Ski einstellen. Grünes Licht gibt es für Weihnachtsmärkte. Tirols Landeshauptmann bedauerte die Vorkommnisse in Ischgl.

Die Bundesregierung hat heute einen Ausblick auf den Wintertourismus gegeben und dabei Gäste und Gastgeber auf einen schaumgebremsten Skiurlaub eingestimmt. "Skivergnügen ja, aber ohne Après-Ski", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte klar, dass Essen und Getränke auch im Freien im Sitzen konsumiert werden müsse.

Höchstzahlen für Personen pro Gondel gibt es künftig keine. Hier gilt lediglich Maskenpflicht wie in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Beim Anstellen ist allerdings ein Mindestabstand von einem Meter zu halten. In Skischulen gilt eine maximale Gruppengröße von zehn Personen, dies ist aber nur eine Empfehlung. Weiters wird empfohlen, Durchmischungen und Änderungen der Gruppen zu vermeiden. Für Skilehrer wird es kostenlose Coronatests geben.

Kurz eröffnete die Pressekonferenz am Donnerstagvormittag mit dem Hinweis, dass viele Menschen nicht glaubten, "dass die Infektionszahlen zu hoch sind". "Wir müssen das Wachstum stoppen", so der Bundeskanzler, der neuerlich auf die Bundeshauptstadt, Wien, verwies. Es gehe nicht nur um die Gesundheit der Bevölkerung, sondern auch um die Arbeitsplätze. Der Tourismus sei "'Teil unserer Identität", attestierte Kurz der österreichischen Bevölkerung.

Hygienekonzept für Weihnachtsmärkte

Köstinger versicherte, dass Weihnachtsmärkte stattfinden würden. Dazu müsse ein Präventions- und Hygienekonzept ausgearbeitet werden.

Die Tourismusministerin betonte am Donnerstag, dass es im Wintertourismus um weit mehr als um Wintersport gehe. Dem schloss sich auch Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer an. Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte, dass man den Tourismus als Gesamtheit sehen müsse und nicht ein kleiner Teil des Nachttourismus die ganze Branche gefährden dürfe.

Platter: „Es tut mir leid, sehr leid“ 

Platter bedauerte außerdem, dass sich zu Beginn der Coronakrise so viele Menschen beim Après-Ski in Ischgl angesteckt hätten. "Es tut mir leid, sehr leid", so Platter am Donnerstag auf die Frage einer deutschen Journalistin, warum es ihm so schwer falle, dass Wort Entschuldigung in diesem Zusammenhang in den Mund zu nehmen.

Gleichzeitig verteidigte Platter aber sein Bundesland und sagte, das Virus sei nicht in Ischgl entstanden, sondern wurde von außen nach Österreich getragen. "Bei einer Pandemie kann nicht eine Person die Schuld auf sich nehmen", so Platter.

Anschober erwartet „Greifen“ der Maßnahmen ab Oktober

"Sicherheit und Tourismus sind gut vereinbar", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei der Pressekonferenz. Besonders wichtig sei aus seiner Sicht, dass die Tourismusbranche selbst verstanden habe, dass sehr viel auf die Sicherheit geschaut werden müsse, so der Minister.

Vor allem die sichere Konsumation von Essen und Getränken - indoor sowie outdoor - sei ein wesentlicher Teil der Lösung, so Anschober. Der Gesundheitsminister geht davon aus, dass die Maßnahmen von der Tourismusbranche breit mitgetragen werden. Es werde aber stichprobenartige Kontrollen geben, ob die Regeln auch eingehalten werden, so Anschober. Kontrollen alleine würden jedoch nicht ausreichen: Um die Infektionszahlen zu senken, brauche es nicht nur Maßnahmen, sondern "es braucht alle. Wir alle sind ein Teil der Lösung", erklärte der Gesundheitsminister. Er sei beeindruckt gewesen, wie viele Vorschläge zur Prävention von den Tourismusvertretern selbst gekommen seien, sagte Abschober lobend zur Zusammenarbeit mit den Branchenvertretern.

Das Risikobewusstsein aller müsse dennoch weiter steigen. Anschober erwartet, dass die von der Regierung gesetzten Maßnahmen zur Senkung der Corona-Infektionszahlen ab der ersten Oktoberhälfte greifen würden.

Schellhorn: „Das hat man verschlafen - wie alles andere“ 

Angesichts sich häufender Reisewarnungen für die westlichen Bundesländer und die Ankündigungen der Bundesregierung für den Wintertourismus warnte Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn am Donnerstag vor den Folgen für die Tourismusbetriebe: "Das sind dramatische Zahlen, die nun auf uns zukommen." Eine Gegenstrategie von der Regierung fehle hingegen, beklagte Schellehorn: "Das hat man verschlafen - wie alles andere."

Vor allem die Vorarlberger Betriebe sähen sich nun in einer Lage wie vor dem Lockdown im März gegenüber. Das gelte auch für seine eigenen Salzburger Unternehmen, sei der Mittwoch hier doch der erste Tag seit Ende März ohne eine einzige Buchungsanfrage gewesen. Die Prognose sei deshalb eindeutig: "Dem Wintertourismus wird es so ergehen wie jetzt schon dem Städtetourismus." Dabei sei der Reigen der Reisewarnungen von Österreich selbst verschuldet, habe man diesen doch einst selbst in Gang gesetzt. Das Problem sei, dass Tourismus nun einmal zum überwiegenden Teil aus Psychologie bestehe. "Und die einzige Psychologie, die der Herr Kurz beherrscht, ist 'Ich' und 'Wahlkampf'", so Schellhorn.

Auch der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Thomas Drozda kritisierte in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, hätte diese doch über den gesamten Sommer über Zeit gehabt, sich auf die Lage vorzubereiten: "Aber da wurde herumgewurschtelt und herumgebastelt." Dabei gehe es nicht um politisches Kleingeld für die Opposition: "Ich bin der glücklichste Mensch, wenn diese Problemlage gelöst wird." Die FPÖ hält das Konzept der Regierung zum Wintertourismus für nebulös. "Diese Ankündigungen sind weder Fisch noch Fleisch und sind 'No na net-Maßnahmen'", kritisierte der freiheitliche Tourismussprecher, Gerald Hauser, in einer Aussendung.

(APA/Red.)

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