Das Dilemma der Justizministerin

Bei der Hypo Niederösterreich hat Claudia Bandion-Ortner wenig Spielraum: Stellt sie die Ermittlungen ein, entlädt sich der Volkszorn.

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) steckt wegen der Hypo Niederösterreich in der Zwickmühle. Denn in dem Verfahren geht es nicht um irgendeine Bank. Das Institut gehört zu 100 Prozent dem Land Niederösterreich, in dem der nicht gerade unbedeutende Landesfürst Erwin Pröll (ÖVP) das Sagen hat. Seinem Neffen, dem ÖVP-Chef Josef Pröll, hat Bandion-Ortner den Job als Justizministerin zu verdanken.

Dummerweise hat die Staatsanwaltschaft St. Pölten die Erhebungen gegen die Hypo-Vorstände wegen Verdachts auf Bilanzfälschung – es gilt die Unschuldsvermutung – gestoppt, obwohl die Ermittler weiterrecherchieren wollten. Nun ist die Justizministerin am Zug. Beschließt sie, den Fall abzudrehen, muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, sie habe den Prölls einen Gefallen getan. Tut sie es nicht, bestätigt sie indirekt den Verdacht, dass auf den Staatsanwalt politischer Druck ausgeübt wurde.

Unabhängig davon sollte sich Bandion-Ortner etwas einfallen lassen. Laut Gesetz müssen alle Fälle von „öffentlichem Interesse“ sowie „ungeklärte Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung“ auf ihrem Schreibtisch landen. Wegen dieser schwammigen Formulierungen und um sich abzusichern schicken die Staatsanwälte offensichtlich mehr Berichte ans Ministerium als notwendig. Dort stauen sich die unbearbeiteten Fälle. Sieht so eine effiziente Justiz aus?

(Bericht: Seite 17)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2010)

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