Leitartikel

Wenn die Sozialpartner plötzlich positiv überraschen

Im Vordergrund: Rainer Wimmer.
Im Vordergrund: Rainer Wimmer.(c) APA/ROBERT JAEGER
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Ein Lohnabschluss, den es so noch nie gab, in einer Zeit, die es so noch nie gab. Die Metaller zeigen, dass viel mehr möglich ist, als wir dem „System“ zutrauen.

Damit konnte wirklich niemand rechnen. Normalerweise beginnen Lohnverhandlungen wie eine sozialpartnerschaftliche Polonaise. Die Arbeitnehmer übergeben ihren Forderungskatalog, Fototermin, ein paar Stehsätze, und das war's dann auch schon. Dann folgen wochenlange Verhandlungen, samt Würstelessen zu nächtlicher Stunde. Und irgendwann, nach mehreren Streikdrohungen, kommt es zu einer schweren staatstragenden Geburt. Heuer ist alles anders. Die Metaller haben sich am ersten Verhandlungstag auf eine Lohnerhöhung von 1,45 Prozent geeinigt und damit gezeigt, dass außergewöhnliche Zeiten auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Die Unternehmer können nichts geben, sondern müssen einmal den wirtschaftlich eisigen Winter überstehen. Und die Arbeitnehmer, von denen viele nach wie vor in Kurzarbeit sind, sollen zumindest nichts an Kaufkraft einbüßen. Für viele wird der Lohnabschluss ohnehin zum Hohnabschluss, weil sie ihren Job längst verloren haben oder dieser zumindest am seidenen Faden hängt.

Ja, die Sozialpartner haben erkannt, dass in diesen Zeiten für Folklore kein Platz ist. Kein Opernball, keine KV-Verhandlung nach alter Manier. Die Botschaft ist angekommen, und sie tut gut. Es zeigt, dass es Gott sei Dank immer an den handelnden Personen liegt, ob etwas weitergeht – und nicht an Institutionen oder, wie bei uns gern gesagt wird, „am System“. Wenn sich kluge, besonnene Köpfe zusammentun, kommt in der Regel auch etwas Gescheites dabei heraus. Lehre Nummer eins: Wir müssen nicht immer „das System“ verändern, wir müssen nur die richtigen Leute finden.

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