Musikverein

„Liebesfreud“ in Zeiten der Krise

Intendant Dr. Stephan Pauly.
Intendant Dr. Stephan Pauly.(c) Dr. Stephan Paul/Musikverein /Wolf-Dieter Grabner
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Der neue Intendant der Gesellschaft der Musikfreunde, Stephan Pauly, stellte sich im Brahms-Saal vor: Zukunftsperspektiven im Zeichen großer Tradition.

Eine Formation aus Blechbläsern aller großen Wiener Orchester, The Art of Brass, blies das Ständchen zum Einzug des neuen Intendanten des Wiener Musikvereins: Stephan Pauly hatte zu einem Zusammensein im Brahms-Saal gebeten, um sich im Dialog mit „Presse“-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz vorzustellen.

Fritz Kreislers „Liebesfreud“ klang also anders als gewohnt. Und anders als erwartet verläuft auch der Einstand des neuen Musikvereins-Chefs. Er war darauf gefasst, die von seinem Vorgänger, dem langjährigen Intendanten Thomas Angyan, penibel vorbereitete Saison abzuwickeln und währenddessen seine erste eigene Spielzeit zu planen.

Das illustre Publikum – voran Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und Pianist Rudolf Buchbinder – erfuhr nun, dass die Coronakrise für Absagen und Umplanungen auf dem laufenden Band sorgt. Schon die Tatsache, dass bei laufendem Betrieb derzeit nur ein Bruchteil der Karten verkauft werden kann, bringt selbst eine Institution, die im Normalfall auf einen verschwindend kleinen Prozentsatz an öffentlichen Zuwendungen angewiesen ist, an den Rand der Existenzkrise.

Jenseits finanzieller Probleme aber freut sich Pauly auf eine spannende Aufgabe, die er mit dem Team der Gesellschaft der Musikfreunde zu bewältigen denkt: den Kurs Angyans fort- und neue Akzente zu setzen, nicht zuletzt auch eingedenk der Geschichte und Gegenwart des Hauses. Im Musikverein, so betonte Pauly, lägen ja ungeheure Schätze im größten Privatarchiv der Welt, unter anderem der gesamte Nachlass von Johannes Brahms.

Da gelte es, in Hinkunft auch Verbindungen zu den aktuellen Programmen herzustellen.

Als kleine, amüsante Einlage spielten Armin Egger und Alfred Endlweber auf kuriosen Instrumenten aus den hauseigenen Sammlungen, unter anderem auf einer „Stockflöte“ aus dem Biedermeier. Die Bandbreite des Repertoires, das in den sechs Sälen des Musikvereins auch künftig gepflegt werden soll, demonstrierte der virtuose Akkordeonist Nikola Djoric mit einer zündenden Tango-Einlage. Nur, dass er seine unter anderem als Statist bei den Bayreuther Festspielen gewachsene Liebe zur Oper mit mehr konzertanten Aufführungen „ausleben“ könnte, glaubt Pauly nicht. Die Konzertaufgaben seien schon ohne solche massiven Herausforderungen reichhaltig genug. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2020)

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