Interieur des Iturbide Studio in Mexico City, Gewinner in der Kategorie „Feeling at Home“.
Architektur

Brick Awards 2020 verliehen

Am Mittwoch wurden die besten Ziegelbauten des Jahres präsentiert. Begleitend dazu diskutierte eine Expertenrunde Fragen des nachhaltigen und leistbaren Wohnens.

Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Gesundheit und Leistbarkeit – das sind die großen Themen im Wohnbau, die derzeit die öffentliche Debatte beherrschen. „Gerade im städtischen Raum brauchen wir innovative Ansätze zur Schaffung eines attraktiven Wohn- und Arbeitsumfeldes“, betont Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG. Neben ästhetischen Ansprüchen seien strenge technische Vorschriften und immer höhere Qualitätsanforderungen zu erfüllen. „Nachhaltigkeitsthemen wie energieeffizientes Bauen und Rezyklierbarkeit sind heute ebenso wichtig wie selbstverständlich“, so der CEO weiter. „Gleichzeitig ist die Leistbarkeit des Wohnens ein wesentlicher und stets zu bedenkender Aspekt.“

Bewerber aus 55 Ländern

Solche Überlegungen waren auch die Leitlinien des diesjährigen Brick Award, eines internationalen Architekturwettbewerbs, der vom Ziegelhersteller Wienerberger 2004 ins Leben gerufen und heuer zum neunten Mal vergeben wurde. Insgesamt 644 Projekte aus 55 Ländern wurden eingereicht, 50 Projekte schafften es in die Endrunde, aus der eine hochkarätige Riege internationaler Architekten die besten auswählte.

Dass bei der Vorstellung der Gewinner, die am Mittwoch aufgrund der Coronamaßnahmen erstmals online durchgeführt wurde, ausgerechnet ein Projekt aus Ruanda herausgestrichen wurde, überrascht nur auf den ersten Blick: Afrika ist der Kontinent mit dem größten Bevölkerungswachstum weltweit und einer der Hotspots der Urbanisierung. Es handelt sich um das „Prototype Village House“, das vom verantwortlichen Architekten Rafi Segal vom MIT Rwanda Workshop Team (USA) via Livestream persönlich vorgestellt wurde und die Kategorie „Living Together“ für sich entschied.

»„Wir hoffen, dass dieses kleine Ziegelhaus Schule macht.“«

Rafi Segal

Das Konzept, das in Zusammenarbeit mit der Rwanda Housing Authority entstanden ist, beinhaltet einen Prototypen für leistbares Wohnen, der sich nicht nur durch seine Reduktion auf das Wesentliche auszeichnet, sondern gleichzeitig den Einbezug der (Dorf-) Bevölkerung im Planungsprozess und beim Bau beinhaltet. „Wir hoffen, dass dieses kleine Ziegelhaus Schule macht“, sagte Segal mit Verweis darauf, dass sich daraus ganze Dörfer bauen ließen, die sich zu urbanen Zentren weiterentwickeln könnten.

Ressourcen im Blick

Diese Aspekte der Reduktion und Ressourcenschonung kamen auch in einer die Verleihung begleitenden Podiumsdiskussion zur Sprache. Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG, Michael Pech, Generaldirektor des Österreichischen Siedlungswerks, Dietmar Eberle von Baumschlager Eberle Architekten sowie Rainer Nowak, Chefredakteur „Die Presse“, tauschten sich darin live im neuen Wienerbergerhaus zum Thema „Gesundes, leistbares und soziales Wohnen“ aus.

Eberle wandte sich dabei gegen die vorherrschende Tendenz, alles mit Technik lösen zu wollen. „Die eigentliche Schlüsselfrage ist das Ressourcenthema“, betonte der Architekt. Nur wenn man es schaffe, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, ließe sich ein gesundes, leistbares und soziales Wohnen gewährleisten. „Hier muss die Architektur wesentlich nachhaltiger werden, als sie jetzt ist.“ Es gebe in diesem Bereich aber durchaus Fortschritte, meinte Michael Pech mit Verweis auf sein Unternehmen, in dem Recyclingmaterialien und Kreislaufwirtschaft – etwa im Rahmen des Konzeptes der „grünen Baustelle“ – den Anspruch auf Nachhaltigkeit unterstrichen. „Und Energieeffizienz ist schon seit den 1990er-Jahren ein großes Thema“, so Pech.

Diskussionsrunde: Michael Pech, ÖSW, Rainer Nowak, „Die Presse“, Heimo Scheuch, CEO Wienerberger, Architekt Dietmar Eberle (v. l. n. r.).
Diskussionsrunde: Michael Pech, ÖSW, Rainer Nowak, „Die Presse“, Heimo Scheuch, CEO Wienerberger, Architekt Dietmar Eberle (v. l. n. r.). Uwe Strasser / Wienerberger AG

Für Scheuch wird nach wie vor viel zu viel Boden versiegelt, „hier muss man mehr mit Hausverstand vorgehen, statt ständig neue Studien zu präsentierten, dann kann man auch kostengünstiger bauen“, meinte der Wienerberger-CEO. Rainer Nowak hingegen forderte mehr Mut zur Utopie: „Wir sind viel zu vernünftig, wir müssen ganz neu und kreativ denken.“ Der soziale Wohnbau müsse sich neu erfinden. Neue Konzepte, etwa im Rahmen von Kooperationen mit Privaten, sollten erwogen werden. Nowak verwies in diesem Zusammenhang auf den Kreativwettbewerb #forgenerations, den „Die Presse“ gemeinsam mit Wienerberger gestartet hat und für den Antworten auf die Frage nach der künftigen Gestaltung ökosozialen Wohnraums gesucht werden (siehe Infokasten).

Kreativität im Ziegelbau

Bereits materialisiert hat sich solcher „Mut zur Kreativität“ in den restlichen Siegerprojekten des Brick Award 2020: Dazu gehört ein dreistöckiges Haus in Mexico City von Iturbide Studio (Kategorie „Feeling at Home“), das sich zwischen den umgebenden Innenhöfen in die Höhe schraubt, das Stadtarchiv Delft in den Niederlanden von Office Winhov (Kategorie „Working Together“), die Maya-Somaiya-Bibliothek von Sameep Padora & Associates, die mit einer Dachlandschaft aus Ziegel aufwartet, die auch als Spielplatz für eine Schule dient (Kategorie „Building Outside the Box“) sowie das Projekt „Can Jaime i n' Isabelle“ von Ted'A Arquitectes in Spanien, das einen Spezialpreis für Gestaltung von vier Innenhöfen mit Ziegeln erhielt. Der Grand Prize schließlich ging an das Projekt Schlesische Universität in Polen, das gleichzeitig als Sieger in der Kategorie „Sharing Public Spaces“ hervorging. Hier wurde vor allem die ästhetische Einbettung des Gebäudes in das historische Gefüge der Stadt Kattowitz gelobt.

KREATIV-WETTBEWERB

Wie gestalten wir nachhaltig Wohnraum und was darf es kosten? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt desKreativwettbewerbs #for generations: So will ich wohnen!, in dessen Rahmen Wienerberger in Kooperation mit der „Presse“ junge Menschen dazu aufruft, ihre Ideen zum nachhaltigen und leistbaren Wohnen der Zukunft kundzutun. Prämiert werden die besten Vorschläge und Wünsche an zukünftige Wohn-, Arbeits- und Freizeiträume von einer Jury. Die Teilnahme ist bis 13. November möglich, zu gewinnen gibt es fünf Sky-X-Abos (halbes Jahr) sowie fünf „Die Presse digital“-Abos (halbes Jahr).

Weitere Infos dazu auf: www.diepresse.com/immobilien/forgenerations

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