Wer kein Denkmal braucht

Eleganz: Für den Biografen Thomas Olechowski ist die von Hans Kelsen entworfene Bundesverfassung ein schnörkelloses, demokratisch-republikanisches Grundgesetz. Ein großer Wurf ist auch die Biografie, weil sie den Lebenslauf des Juristen meisterlich mit seiner Denkbiografie verbindet.

Das Ehrengrab ist die schönste Auszeichnung Österreichs für seine Geistesriesen, das posthume Trostpflaster für die zu Lebzeiten verkannten Genies, die sich gegen den Totenkult nicht mehr wehren können. Hans Kelsen, dem Architekten der glänzenden Bundesverfassung von 1920, die nun ihren hundertsten Geburtstag feiert, ist diese Anerkennung erspart geblieben. Kelsen, der 1881 als Sohn jüdischer Eltern in Prag zur Welt kam und in Wien seine Reine Rechtslehre entwickelte, starb 1973 im kalifornischen Exil. Seine Asche wurde am Pazifikstrand verstreut.

Wie bei vielen österreichischen Spitzenforscherinnen und -forschern des 20. Jahrhunderts war Kelsens Weltkarriere aus der Not geboren: Sie war ein Resultat der Vertreibung. Die klerikalfaschistische Selbstprovinzialisierung Österreichs hat einen Kahlschlag ausgelöst, von dem sich die Zweite Republik nur schwer erholte, weil sich Konjunkturritter und Arisierungsgewinnler an den Universitäten breitgemacht hatten.

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