„Charlie Hebdo“

Frankreich: Terror mit dem Hackbeil auf die Meinungsfreiheit

Alarmstimmung in Paris. Bei dem Angriff gegen TVJournalisten vor der ehemaligen Redaktion von „Charlie Hebdo“ war eine Sondereinheit der Polizei im Einsatz.
Alarmstimmung in Paris. Bei dem Angriff gegen TVJournalisten vor der ehemaligen Redaktion von „Charlie Hebdo“ war eine Sondereinheit der Polizei im Einsatz.APA/AFP/ALAIN JOCARD
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Beim Angriff vor der früheren Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ wurden zwei Journalisten schwer verletzt. Ein Zusammenhang mit einem Terrorprozess liegt nahe. Der französische Innenminister spricht von einem „islamistischen Terrorakt“.

Paris. Der Ort und der Zeitraum des Angriffs waren nicht zufällig gewählt. Unweit der ehemaligen Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris wurden Freitagmittag zwei Menschen von einem Mann mit einem Hackbeil attackiert. Die beiden, eine Frau und ein Mann, wurden dabei schwer verletzt, sind aber außer Lebensgefahr.

Sie sollen nach Angaben einer Kollegin vor dem Gebäude geraucht haben. Es handelt sich um Mitarbeiter der TV-Produktionsfirma Premières lignes, deren Arbeitsräume sich in dem Haus befinden, in dem am 7. Jänner 2015 die Brüder Kouachi einen Terrorangriff auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ verübt haben. Elf Menschen kamen damals ums Leben.

Seit drei Wochen läuft in Paris der Prozess gegen ihre mutmaßlichen Helfer. Dies ließ unweigerlich die Vermutung aufkommen, dass zwischen der Messerattacke und dem „Charlie Hebdo“-Prozess ein Zusammenhang bestehen könnte. Das Terrornetzwerk al-Qaida hatte mit einem Anschlag gedroht.

Kurz nach dem blutigen Angriff nahm die Polizei an der Place de la Bastille einen Tatverdächtigen fest. Der Mann soll wegen seiner seiner blutbefleckten Kleidung die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. In den französischen Medien war zunächst von zwei Tätern die Rede. Der zweite Verdächtige soll indessen unbeteiligt gewesen sein. Mehrere Zeugen haben anscheinend den Vorfall mit ihrem Handy gefilmt. Zudem erhielten die Ermittler wertvolle Informationen dank der Videoüberwachung in diesem Quartier, das sofort abgeriegelt worden war.

Auch schwer bewaffnete Soldaten sind dabei zum Einsatz gekommen. Rund um den Tatort wurden alle Schulen angewiesen, sich sicherheitshalber bis auf Weiteres hinter verriegelten Toren zu verschanzen. Denn es war auch noch von einem „verdächtigen Objekt“ die Rede. Die Befürchtung, dass es eine Bombe sein könnte, konnte freilich rasch ausgeräumt werden.

Premier Jean Castex, Innenminister Gérald Darmanin sowie die Pariser Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, begaben sich umgehend an den Tatort. Als Tatwaffe wurde ein Hackbeil sichergestellt, wie Fleischhauer es verwenden. Bei dem Täter soll es sich um einen 18-jährigen Pakistani handeln, der bisher nicht auffällig gewesen ist.

„Ich habe nur ein Wort dazu: Horror!“

Kaum Zweifel an einem Zusammenhang mit dem islamistischen Terror hat dagegen Marika Bret, die Personalchefin von „Charlie Hebdo“. Sie erklärte: „Das ist ein regelrechter Tiefschlag. Ich habe nur ein Wort dazu: Horror!“ Sie ist im Vorfeld der Gerichtsverhandlung gegen 14 mutmaßliche Helfer und Helfershelfer der Terroristen von 2015, die beim Schusswechsel mit der Polizei getötet worden waren, selbst kürzlich in so massiver Weise bedroht worden, dass sie ihre Wohnung verlassen und umziehen musste.

Zu Prozessbeginn hat die Wochenzeitung zudem die Mohammed-Karikaturen wieder auf der Titelseite abgedruckt, die als angebliche Provokation Anlass für den Anschlag gewesen sind, von „Charlie Hebdo“ aber als Symbol der Meinungsfreiheit verteidigt werden. Rund 100 Redaktionen publizierten in Frankreich vor wenigen Tagen einen Appell zur Verteidigung der von Fanatikern bedrohten Pressefreiheit.

Darmanin bezeichnete am Freitagabend dann die Attacke als „islamistischen Terrorakt“. Es gebe kaum Zweifel, dass es sich hierbei um einen „blutigen Angriff auf unser Land“ handle, sagte der Innenminister im französischen Fernsehen.

Er habe die Polizeipräfektur außerdem gebeten, zu überprüfen, warum die Bedrohung in dieser Straße unterschätzt worden sei, auch wenn die Redaktion dort seit mehreren Jahren nicht mehr ihren Sitz habe. Die Nachrichtenagentur Agence France-Presse berichtete außerdem am Abend unter Berufung auf Justizkreise von fünf weiteren Festnahmen. Die Männer seien bei der Durchsuchung einer Wohnung in Pantin bei Paris festgenommen worden. Damit befinden sich nun sieben Verdächtige in Polizeigewahrsam.

Solidaritätsbekundungen kamen aus Europa, darunter von EU-Ratschef Louis Michel und Giuseppe Conte, dem italienischen Premier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2020)

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