Philosophie

"Tractatus"-Preis für Roberto Simanowski und seinen „Todesalgorithmus“

 Robert hieß dieser Spielzeugroboter von 1959. Mit KI verbinden viele immer noch naive Hoffnungen. 
Robert hieß dieser Spielzeugroboter von 1959. Mit KI verbinden viele immer noch naive Hoffnungen. (c) Bettmann Archive
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Die „Presse“ suchte im Buch von Roberto Simanowski vergeblich nach Ironie, die Jury des Philosophicum Lech zeichnete ihn aus.

Roberto Simanowski ist der diesjährige Preisträger des "Tractatus"-Preises des Philosophicum Lech. Er erhielt die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung für sein Essay "Todesalgorithmus. Das Dilemma der künstlichen Intelligenz" (Passagen Verlag). In dem Werk werden die "Aporien und Paradoxien der künstlichen Intelligenz" diskutiert, hieß es. Der in Berlin und Rio de Janeiro lebende Publizist gab in seinem Buch Denkanstöße, indem er ethische Implikationen und Dimensionen künstlicher Intelligenz behandelt. Seine Ausführungen spitzen sich auf die Frage zu: "Wird die künstliche Intelligenz dem Menschen den freien Willen nehmen, ihn vor sich selbst schützen und zurück ins Paradies der Entscheidungslosigkeit befördern?".

Wie ein seichter Hollywood-Blockbuster?

"Presse"-Redakteur Karl Gaulhofer war übrigens wenig begeistert von dem Buch: Es strotze "von Vermenschlichungen der künstlichen Intelligenz" schreibt er. "All das, was wir aus seichten Hollywood-Blockbustern kennen, soll also nun Heimatrecht in der Philosophie erlangen." Und: Man sucht als Leser so fieberhaft wie vergeblich nach Anzeichen dafür, dass der Autor mit dem Stilmittel der Ironie arbeite. (>> Mehr dazu: „Nur ein Rechner kann uns noch retten")

Die Jury - bestehend aus Barbara Bleisch, Michael Krüger und Thomas Vasek - sieht das anders. Der Preisträger bringe "Das Dilemma der künstlichen Intelligenz auf einen kraftvollen, einprägsamen Begriff. 'Todesalgorithmus' regt zum spekulativen Nachdenken über die drohende Selbstentmächtigung des Menschen an, ohne dabei in kritiklose Technikeuphorie oder in apokalyptischen Zukunftspessimismus zu verfallen", begründete Vasek die Entscheidung der Jury. Das Essay stelle "eine intellektuelle Provokation im besten Sinne" dar. Sie sei "getrieben von einer unbändigen Lust an Ambivalenzen und Paradoxien, die vermutlich jede künstliche Intelligenz überfordern würden".

Nicht nur von der Jury, sondern auch von der Presse wurde der "Todesalgorithmus" bereits gelobt. Das Werk hebe sich "wohltuend von einer Kritik ab, die Maschinen als Entfremdung des Menschen von seinen wahren Bedürfnissen hinterfragt", hieß es etwa im "Falter". Für den "Deutschlandfunk" denke der Literatur- und Geschichtswissenschafter "den Einsatz von künstlicher Intelligenz radikal zu Ende", damit provoziere er eine "kritische Auseinandersetzung mit Technologie".

>> Wer war noch nominiert? >> So gut ist die Shortlist des "Tractatus"-Preises

Das Symposium selbst wurde heuer corona-bedingt auf kommendes Jahr verschoben. Es wird von 22. bis 26. September 2021 unter dem Thema "Als ob! Die Kraft der Fiktion" stattfinden. Damit wird zum 24. Mal nach Lech am Arlberg geladen. Der privat finanzierte "Tractatus"-Preis - er gehört zu den höchstdotierten im deutschsprachigen Raum - wurde 2009 vom Verein Philosophicum Lech ins Leben gerufen. Es sollen herausragende Publikationen auf dem Feld geistiger Auseinandersetzung und Standortbestimmung ausgezeichnet werden.

(red./APA)

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