Unterwegs

Rot-weiß-roter Alltag auf Schritt und Tritt

Der rot-weiß-rote Alltag verfolgte uns auf Schritt und Tritt.
Der rot-weiß-rote Alltag verfolgte uns auf Schritt und Tritt.APA/BARBARA GINDL
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Bei Inlandsreisen läuft mir gar nichts über den Weg, aber so manches über die Leber.

Schön ist es in Österreich, finden Sie nicht auch? Die Berge, die Seen, im Winter der Schnee: Da brauchen wir eh kein Ausland für den Urlaub, gell? Soll doch die Regierung ruhig über alle infektiösen Nachbarn einen Reisebann verhängen, und über Deutschland einen als Racheakt – wir bleiben liebend gern noch ewig lang zu Hause. Oder etwa nicht? Resümieren wir noch einmal, wie das heuer im Sommer war, auf unserer erzwungenen Heimattournee.

Der rot-weiß-rote Alltag verfolgte uns auf Schritt und Tritt. Ö3 plärrte penetrante Songs und verordnete penetrante Munterkeit. Wenn wir im Fremdenzimmer den Fernseher andrehten, grinsten uns allzu vertraute ORF-Fratzen entgegen. In der Hotelhalle lagen sattsam bekannte Zeitungen, in meinem Fall noch strafverschärfend jene, für die ich schreibe. Am Nebentisch diskutierten Landsleute die ewig gleichen Aufregerthemen, über die wir uns nicht mehr aufregen wollen, jedenfalls nicht im Urlaub.

Wie soll man da bitte abschalten, auf neue Gedanken kommen? Wie schön war es doch, sich an fremdländischen Gestaden in die Nachrichten regionaler Medien zu vertiefen, die uns so wenig betrafen wie ein Mord im Krimi. Wie gern hörten wir in südländischen Bars eloquente Herren über Politik oder Fußball schimpfen, auch wenn wir kaum etwas verstanden. Wie aufregend war alles Neue!

Innerhalb der eigenen Grenzbalken aber wirkt alles bieder, beengt, in Routine erstarrt. Nicht, weil es objektiv so wäre, sondern weil es unsere eigene Engstirnigkeit spiegelt. Immer nur im Inland reisen ist das Inferno. Wir sind von hier, holt uns da raus! ⫻

karl.gaulhofer@diepresse.com

Nächste Woche: Gabriel Rath

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2020)

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