Kaiserschnitt

Die Angst vor der natürlichen Geburt

Viele Frauen entscheiden sich für einen Kaiserschnitt, weil sie sich unsicher fühlen, Angst vor Kontrollabgabe und Schmerzen haben. Dabei kann man die Sorgen im Vorfeld oft ausräumen – und auch eine Sectio ist nicht risikofrei.

Schon früh in ihrer ersten Schwangerschaft begann Nina, sich mit dem Thema Geburt auseinanderzusetzen. Sie sprach mit Freundinnen darüber, hörte schöne und schaurige Geschichten, kaufte sich einschlägige Literatur und googelte sich durch Gesprächsforen werdender Mütter. Die Wochen vergingen, der errechnete Geburtstermin rückte näher. Die Nervosität wuchs, und mit ihr auch die Angst vor dem großen Ereignis: Was, wenn das Baby im Geburtskanal stecken bleibt und keine Luft bekommt? Wenn während der Geburt aus einem gesunden Kind ein beeinträchtigtes wird?

Doch vorerst passierte – nichts. Das Baby ließ sich Zeit; die gynäkologischen Untersuchungen ergaben keine Auffälligkeiten. Nina solle der Natur ihren Lauf lassen und in Ruhe auf das Einsetzen der Wehen warten. Doch die werdende Mutter wollte nicht mehr. Zu beschwerlich war die Schwangerschaft; erst Übelkeit, dann Kurzatmigkeit und Sodbrennen. Sie wartete drei weitere Tage, schließlich entschied sie sich für eine Geburtseinleitung.

Das CTG, das die Herztöne des Babys und die Wehentätigkeit aufzeichnet, zeigte nach Gabe des Medikaments keine Besonderheiten. Doch die Wehen wurden stärker, also ließ Nina sich eine PDA (Periduralanästhesie) geben. Bereits im Vorfeld hatte sie sich vorgenommen, auf Schmerzmittel keinesfalls verzichten zu wollen. Die Stunden vergingen, die Wehentätigkeit wurde schwächer, schließlich kam es zu Blutungen: Notkaiserschnitt. Nina erinnert sich, dass sie nur Minuten nach der Entscheidung unter der OP-Lampe lag. Dann hielt sie ihre gesunde Tochter in den Armen. „Beim zweiten Kind“, sagt sie, „habe ich mich gleich für einen Wunschkaiserschnitt entschieden.“ Zu groß war die Angst, dass sich die Ereignisse wiederholen.

Kontrolle aufgeben. Im Nachhinein glaubt Nina, dass ihr erstes Baby nicht kommen wollte, weil sie nicht loslassen konnte. „Zum guten Entbinden muss man die Kontrolle aufgeben können“, sagt auch die Wiener Gynäkologin Micha Bitschnau, die seit über 20 Jahren als Geburtshelferin im Einsatz ist. „Doch dazu sind wir leider nicht mehr gepolt.“ Speziell bei Frauen, die sozial und ökonomisch gut abgesichert seien, wachse die Unsicherheit, sich unvoreingenommen auf eine spontane, also „natürliche“ Geburt einzulassen. „Je gebildeter und informierter, umso besorgter sind Frauen häufig“, fasst Bitschnau zusammen. Doch es gebe auch kulturelle Unterschiede: Frauen aus Indien, Pakistan oder dem arabischen Raum, die aus großen Familien kommen, hätten mehr Vertrautheit mit dem Thema Geburt und würden daher oft leichter entbinden. Schließlich spielen auch Alter und physische Disposition eine gewichtige Rolle.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Familientherapeutin und Buchautorin Katharina Pommer
Interview

Katharina Pommer: „Mom-Shaming betrifft uns alle“

Die Erwartungen an Mütter sind hoch. Ein Gespräch mit Familientherapeutin und Buchautorin Katharina Pommer über den Druck von außen, Doppelbelastung von Familie und Beruf, ungefragte Kritik und welche Auswirkungen sie auf Mütter haben kann.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.