Sport-Holzfäller

Der König der „Waldmenschen“

Holzhacken in Perfektion: Armin Kugler nimmt Maß und holt aus.
Holzhacken in Perfektion: Armin Kugler nimmt Maß und holt aus.Stihl
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Geht es um Baum, Wald und Holzhacken, führt in Österreich an Armin Kugler kein Weg vorbei. Der 1,96-m-Riese aus dem Waldviertel ist Sport-Holzfäller, bloß „explosive Bäume“ sind ihm fremd.

„Schauen Sie sich Länder wie Österreich an. Sie leben im Wald, sie gelten als Waldstädte. Und sie haben explosive Bäume.“ US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Expertise zu Österreich wieder einmal alle vor den Kopf gestoßen. Doch geht es um Wald, Holz, Natur und Landwirtschaft, vor allem den nachhaltigen und sportlichen Umgang damit, liegt Trump nicht komplett daneben. Da führt letzten Endes auch am Waldviertler Armin Kugler kein Weg vorbei. Der 29-Jährige aus Steinbach bei Gmünd ist Holzfäller, ein gefragter Fachmann für knifflige Aufgaben in puncto Forstwirtschaft – und seit dem Jahr 2000 auch in der österreichischen Sport-Holzfäller-Equipe eine extrem treffsichere Größe.

Bäume, Wälder, Holz, Blätter, Duft – wenn Kugler über seinen Wald und seine Berufung spricht, merkt man sofort, dass der Niederösterreicher mit Leib und Seele dabei ist. Und geht es ums Holzfällen, -sägen oder -hacken, ist er endgültig in seinem Element. Was in den USA, in Kanada und Neuseeland seinen Ursprung fand, ist längst in Europa sozusagen verwurzelt. Seit 2001 sogar mit Wettkämpfen der Stihl-Serie.

(c) Andreas Langreiter


„Nicht für Normalverbraucher.“ Sport-Holzfällen ist spektakulär, verlangt Kraft, Ausdauer, Balance – und das richtige Equipment. Über 10.000 Euro gab Kugler, der 2014 Europameister war, Staatsmeister ist und als Stammgast bei Weltmeisterschaften auftaucht, im Vorjahr für neues Werkzeug aus. Darauf legt er gesondert Wert: Es sei „nicht für Normalverbraucher“.

Die Axt – handgeschliffener Spezialstahl, drei Kilogramm schwer, 80 cm lang, Preis: 400 Euro – ist jedes Holzfällers treuester Wegbegleiter. Aber auch von seiner Motorsäge (Hot Saw) schwärmt er wie von einem Ferrari. Die Formel-1-Version eines „Fichten-Mopeds“ trägt einen Einzylinder-Zweitaktmotor, birgt tatsächlich einen 80-PS-Motor in sich, der einem Schneemobil entstammt, und wiegt 30 kg. Sie liefert eine Ketten-Geschwindigkeit von 240 km/h, „vibriert unfassbar“ und kostet mindestens 5000 Euro. Dafür komme man damit „wie Butter durch wirklich jeden Stamm“. Auch die zwei Meter lange Ein-Mann-Zugsäge (Single Buck) ist extra gefertigt. Das Metall wird mit Lasern geschnitten, die zehn Zentimeter langen Zähne sind handgeschliffen. Sie wiegt fünf Kilogramm, Startpreis 1500 Euro.

Bäume gebe es in Österreich ohne Ende, so schnell könne der Riese (1,96 m, 118 kg) gar nicht hacken, sagt Kugler und strahlt. Stolz schildert er, was Technik und Training ausmachen. Wie er Winkel sucht, findet, Schläge richtig platziert – das sei die wahre, die hohe Kunst, wenn es darum geht, einen Stamm nicht nur bei Events zu teilen. Zumeist ist es eine Pappel, mitunter auch eine Buche, sagt er. „Wichtig ist nur, dass das Holz möglichst astrein ist.“

Sieben Sekunden. Es gibt unterschiedliche Disziplinen, mit verschiedenen Durchmessern und Instrumentarien. „Underhand Chop“, „Standing Block Chop“, „Single Buck“ und „Springboard“ – es gibt fast so viele Bewerbe wie beim Biathlon. Drei Axt- und drei Säge-Aufgaben warten in der Königsklasse der Holzfäller. Der kleinste Stamm misst 32 Zentimeter Durchmesser, das Zielobjekt wächst auf bis zu 46 cm aus. „Mit der schweren Motorsäge musst du dann anlegen, drei Scheiben in einem maximal 15 Zentimeter breiten Bereich abschneiden. Ich schaffe das in knapp 7,2 Sekunden.“ Der Weltrekord liege bei etwa fünf Sekunden. Ob Kugler den je brechen wird? Abwarten. Wer es jedenfalls zu wild versucht und den vorgegebenen 15-cm-Bereich verlässt, ist disqualifiziert. Auch bei diesem edlen Handwerk gibt es strenge Regeln.

Es ist aber nicht nur das Schlagen und Sägen, was Holzfäller dieser Kategorie auszeichnet. Wie im Wald ist auch auf der Bühne Balance gefragt. Etwa im „Springboard“-Bewerb. Da stehe man, erzählt Kugler, auf einem 1,7 Meter langen Fichten-„Brettl“ in 2,8 Meter Höhe. Freilich wippe es bei jeder noch so kleinen Bewegung auf und ab. Nur müsse er mit seinen 118 Kilogramm darauf das Gleichgewicht wahren und mit der drei Kilogramm schweren Axt in den vor ihm und freilich höher gelegenen Teil des Stammes hacken. Natürlich so schnell wie möglich. Denn es gehe immer um die Zeit.

Das Geschäft mit der Axt. Was ihm sein Opa und Vater ans Herz legten, wurde für Armin Kugler eine wahre Berufung. Mehr als 20 Wochenenden pro Jahr ist er, normalerweise, in Sachen Holzstamm in der Welt unterwegs. Wegen der Coronapandemie ist auch diese Branche ins Stocken geraten. Es hagelte Absagen in Serie.

Zweimal pro Woche trainiert Kugler jedoch weiterhin in einer eigenen Halle. Sieben Stunden lang hackt und sägt er dann mit seinen Klubkollegen um die Wette. Echtes Profitum gibt es in Österreich trotzdem nicht. Der Eindruck, dass vorwiegend „Naturburschen“ am Start seien, täusche hingegen nicht, bestätigt Kugler. Man müsse sich schon mit Holz beschäftigen, sich auskennen. „Ein Skifahrer muss ja auch wissen, was Schnee ist, oder?“

In Schweden könne Ferry Svan, der 23-jährige Sohn von Langlauf-Ikone Gunde Svan, davon leben, in Amerika auch einige. Aber in Europa sei der Markt sehr schwer zu bestellen. So bewirtschaftet Kugler seinen Forst, übernimmt Aufträge ab und wann bei Wien („Pappelnschlagen in Mannswörth, auch ein gutes Training“) und ist bei jedem Event der Eurojack-Serie dabei. „Zuletzt gab es ein Vier-Nationen-Turnier in den Bavaria Filmstudios München“, sagt Kugler, „leider ohne Fans wegen Corona. Sie fehlen uns schon sehr.“ Svan gewann, Kugler wurde Zweiter, das WM-Ticket hat er damit „gehackt“.

Man sehe sich bald wieder, im November, in München, in den Filmstudios mit Axt und Sägen. Vielleicht wird dann der König der „Waldmenschen“ ja sogar Weltmeister? ⫻

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2020)

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