Gastkommentar

Schulkinder und Covid-19: Ein Erfahrungsbericht

(c) Peter Kufner
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Es gibt wenig belastbare Daten zu Schulkindern. So zu tun, als spielten sie bei der Verbreitung keine Rolle, wäre aber falsch.

Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, unsere Schulen trotz steigender Fallzahlen im Herbst und Winter offen zu halten. Für Kinder sind soziale Kontakte jenseits der Familie wichtig, und Lernen spielt in dieser Lebensphase eine große Rolle.

Also haben wir unsere Kinder mit etwas Unwohlsein ob der laxen Maßnahmen in anderen Bereichen der Gesellschaft und den hohen Fallzahlen in Wien in die Schule gehen lassen. Bereits nach einem Tag fehlt ein Schüler in der vierten Volksschulklasse unserer Tochter. Der erkrankte Schüler erholt sich wieder, ein Mitschüler besucht ihn Freitagnachmittag. Die Kinder spielen gemeinsam, meist im Freien, auch kurz im Kinderzimmer. Am Tag darauf erkrankt der Vater, zeigt Covid-19-Symptome, meldet das bei der Coronahotline.

Er möchte die angekündigte Wartezeit für den Test von mehreren Tagen nicht abwarten und lässt sich in einem Privatlabor testen. Dienstagnachmittag steht dort das Ergebnis fest, positiv auf SARS-CoV-2. Die Familien benachrichtigen sich – weil der amtliche Test noch aussteht, gibt es keine behördlichen Mitteilungen, keine Auflagen, nichts. Der Mitschüler, der bei der Familie wenige Tage zuvor zu Besuch war, hatte weiter die Schule besucht. Er scheint auch am Mittwoch noch gesund, die berufstätigen Eltern entscheiden dennoch, das Kind zu Hause zu lassen und organisieren ihre Arbeitstage entsprechend. Im Verlauf der Woche möchten sie Klarheit haben und lassen die gesamte Familie testen, teilweise in einem Privatlabor und nach vierstündiger Wartezeit an der Teststraße der Stadt Wien am Praterstadion. Freitagvormittag erhalten sie die Ergebnisse, der Sohn ist – trotz fehlender Symptome – positiv.

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Die Eltern reagieren schnell, benachrichtigen die Schule und sorgen so dafür, dass alle Kinder der betroffenen Klasse, darunter auch unsere Tochter, die Schulbücher mit nach Hause nehmen – noch bevor es eine offizielle Mitteilung der zuständigen Behörden gibt. Es ist also dem verantwortungsvollen Verhalten der beteiligten Eltern, die finanzielle Aufwendungen und Mühen auf sich genommen haben, zu danken, dass die SARS-CoV-2-Fälle in der Klasse entdeckt wurden und eine weitere Exposition der Mitschüler und Lehrerinnen verhindert wurde. Hätten wir auf behördliche Tests, Testergebnisse und Anordnungen gewartet, wären Kinder und Lehrerinnen für mehrere Tage einem unnötigen Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen.

Ich schreibe dies nicht nur als betroffener Familienvater, sondern als Wissenschaftler und Mikrobiologe. Ich war begeistert wie Regierung und Medien Österreich durch den Beginn der Pandemie gesteuert haben – faktenbasiert, aufklärend, erfolgreich. Dank der rechtzeitigen Maßnahmen und der Unterstützung in breiten Teilen der Bevölkerung ist es gelungen, die erste Ansteckungswelle so rasch einzudämmen, dass es nicht annähernd zu Zuständen, Fall- und Todesraten wie in anderen europäischen Ländern gekommen ist.

So gut uns das gemeinsam gelungen ist, so chaotisch ging es danach weiter. Die Auswirkungen der zu weit gehenden Lockerung der Maßnahmen, der fehlenden Maskenpflicht in Innenräumen und des versäumten Ausbaus der Testkapazitäten kann man derzeit beobachten. Österreich schließt gerade zu den von der Pandemie am meisten betroffenen Ländern Europas auf.

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