Ballett

Getanzte Juwelen – und eine exzellente Erste Solotänzerin

Auftakt der Ballettsaison an der Staatsoper mit „Jewels“.

Es funkelte und glänzte, als die Tänzer des Wiener Staatsballetts George Balanchines „Jewels“ wieder aufnahmen – einmal im ständigen Fluss, einmal im koketten Spiel mit geflexten Händen und hinausgestreckten Hüften, einmal geprägt von der distanzierten Eleganz des zaristischen Balletts. Der dreiteilige Ballettabend vereint die Geschmeidigkeit des französischen Balletts, die Spritzigkeit des westlichen Tanzes und die Kühle des östlichen. Dabei fordern Balanchines Choreografien jede Kompagnie technisch stark – und es war eine Freude zu sehen, dass die Corona-Pause den Tänzern nichts von ihrer beeindruckenden Form genommen hat.

Flink und geschmeidig kombinierten Nina Poláková und Robert Gabdullin in „Emeralds“ zur Musik von Gabriel Fauré Sprünge und kleine Schritte im schier endlosen Fluss. In „Rubies“ dann ein starker Bruch: Mit Ecken und Kanten, Rasanz und Esprit tanzten Kiyoka Hashimoto, Denys Cherevychko und Ketevan Papava dieses flotte Stück zu Strawinskys „Capriccio für Klavier und Orchester“. Da schnitten hohe Beine dynamisch durch die Luft, da herrschte – choreografisch in geometrische Bahnen gelenkte – Ausgelassenheit, da gab sich Papava neckisch mit eingedrehtem Bein und keckem Hüftschwung, bestach zugleich mit starker klassischer Basis und Ausstrahlung.

Auf französische und US-amerikanische Einflüsse folgt russische Exaktheit und Kühle, die nicht nur durch Musik von Tschaikowsky oft an „Schwanensee“ erinnert. Als Idealbesetzung für diesen Part zeigte sich einmal mehr Olga Esina mit eleganter Grazie, starker Präsenz und ihrer zerbrechlichen und gleichzeitig geschmeidigen Ausstrahlung. An ihrer Seite debütierte Masayu Kimoto mit exakten Sprüngen und endlosen Drehungen.

Besonders elegant: Claudine Schoch

In „Emeralds“ stellte sich die neue Erste Solotänzerin Claudine Schoch vor, sie wirkte, ob solo oder im Pas de deux mit Roman Lazik, technisch exzellent, tanzte mit großer Leichtigkeit und elegant, nur im Oberkörper hätte man sich noch mehr Geschmeidigkeit gewünscht. Man darf gespannt sein, was Martin Schläpfer, mit dem sie schon lang zusammenarbeitet, für sie choreografieren wird.

Dass er mit „Jewels“ zum Auftakt noch auf eine Produktion der Ära Legris setzte, kann man als Zeichen für Kontinuität sehen. Und auf Schläpfers erste eigene Kreation für das komplette Staatsballett neugierig sein: am 24. 11., zu Mahlers vierter Symphonie. (tst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2020)

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