Morgenglosse

Menasses Kritik in Not

Deutscher Buchpreises 2017
Deutscher Buchpreises 2017APA/dpa/Arne Dedert
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Die Debatte um Robert Menasses gelöschtes Facebook-Posting sollte ohne Winkelzüge und NS-Anspielungen geführt werden.

Nein, es ist nicht notwendig einen Spitzenkandidaten der Wiener Wahlen für jene Versäumnisse und Fehler verantwortlich zu machen, die seine Partei und seine Parteifreunde vor mehr als einem Jahrhundert begangen haben. Es ist nicht notwendig. Aber wenn es geschieht wie durch Robert Menasse, der den ÖVP-Bürgermeisterkandidat Gernot Blümel an dunkle Zeiten des Antisemitismus unter Karl Lueger und an den Widerstand seiner Partei gegen den sozialen Wohnbau erinnerte, dann ist das sein Recht als kritischer Bürger und Wähler. Es ist nicht einmal notwendig, darauf einzugehen. Aber notwendig ist, eine solche Debatte ohne Winkelzüge und NS-Anspielungen zu führen.

Das Kommunikationsteam von Gernot Blümel hat den Eintrag des Schriftstellers in den sozialen Medien gelöscht. Das zeugt nicht gerade von einem Bekenntnis zur Meinungsfreiheit. Die Worte aber zu löschen und dann darauf zu verweisen, das sei nach objektiven Kriterien geschehen, weil ja auch nationalsozialistische Postings nicht erscheinen dürften, ist schon dreist. Diese Anspielung auf rechtsradikales Gedankengut in rhetorischen Spielen, wie sie Blümel in der ORF-Pressestunde betrieb, dann immer näher an den Kritiker heranzuführen – „Ich bin ja überzeugt, er hat es nicht so gemeint“ – ist nur noch perfid.

Menasses Worte, er schrieb von einem „Bürgermeister, von dem Hitler lernte“, mögen manche aufregen, mögen viele provozieren. Er kann allerdings nur für diese Worte verantwortlich gemacht werden, die er geschrieben hat. Nicht für jene, die für eine breite Öffentlichkeit gelöscht und nachher uminterpretiert wurden. All das wäre nicht notwendig. Aber notwendig ist, bei der Wahrheit zu bleiben.    

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