Wien führt verpflichtenden Gästelisten in der Gastronomie ein.
Epidemie

Wie Wien seine Versäumnisse verschleiert

Um den Kontrollverlust über das Contact Tracing nicht einzuräumen, werden verpflichtende Gästelisten eingeführt, 600.000 Gurgeltests für Schulen versprochen und Termine für Grippeimpfungen über die Hotline 1450 vergeben.

Wird in einer Stadt, zum Beispiel in Wien, jemand positiv auf das Coronavirus getestet, erfolgt eine Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde, in Wien die MA 15. Anschließend rückt unverzüglich ein Team aus, um jene Menschen zu ermitteln, zu testen und bei einem positiven Ergebnis zu isolieren, mit denen die infizierte Person in den vergangenen drei bis sieben Tagen (je nach Beginn der Symptome) engen Kontakt hatte, auch bekannt als Contact Tracing. Im Schnitt werden dabei 30 Menschen angerufen. Diese Methode zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus ist in Wien zusammengebrochen, auf dutzende Meldungen von nachgewiesenen Infektionen wird seitens der Behörde nicht einmal reagiert, wie aus dokumentierten Fällen hervorgeht.

Das Umfeld von positiv Getesteten wird also nicht kontaktiert, um über eine mögliche Ansteckung informiert sowie dazu aufgefordert zu werden, seinen Gesundheitszustand genau zu beobachten und sich bei verdächtigen Beschwerden testen zu lassen. Es fehlt schlichtweg an Personal, um allen Infektionsketten nachzugehen. Oder um die Hotline 1450 so zu besetzen, dass Anrufer nicht stundenlang warten müssen, bevor sie aus der Leitung fliegen. Und kommen sie irgendwann doch durch, kann es Tage dauern, bis sie getestet werden, und weitere Tage, bis das Ergebnis vorliegt. Zusätzliche Mitarbeiter wurden mittlerweile zwar angekündigt, müssen aber erst eingeschult werden.

Kritische Grenze erreicht

Voraussetzungen, die dazu geführt haben, dass in Wien bei 49 Prozent der Ansteckungen die Quelle unbekannt ist, wie die Corona-Kommission am Freitag im Zuge ihrer Risikoeinstufung bekannt gab. Zum Vergleich: Der Österreichschnitt liegt bei 42 Prozent, in Niederösterreich und Vorarlberg bleibt bei 41 Prozent der Infektionen der Ursprung unbekannt, in Tirol bei 34 Prozent, in Oberösterreich bei 19 Prozent. Die leitende Epidemiologin der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), Daniela Schmid, sagte zuletzt, dass sich mindestens 60 bis 70 Prozent der Infektionen auf ihre Quelle zurückführen lassen sollten. Falle dieser Wert unter 50 Prozent, werde es schwieriger, wirkungsvolle Präventivmaßnahmen zu ergreifen.

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