Netflix-Serie

„The Home Edit“: So schön soll Aufräumen sein

(c) NETFLIX (CHRISTOPHER PATEY/NETFLIX)
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In dem Reality-Format werden Speisekammern und Kleiderkästen von Prominenten und normalen Menschen neu sortiert. Befriedigend, irgendwie. Zur Nachahmung nur bedingt geeignet.

Manche Feelgood-Reality-Serien auf den Streaming-Plattformen funktionieren wie Fernseh-Pendants von Selbsthilfe-Büchern: „Queer Eye“ etwa macht Lust darauf, sich mehr um sein Äußeres zu kümmern – um so ein positiveres Lebensgefühl zu entwickeln. Die Japanerin Marie Kondo regte vergangenes Jahr zum radikalen Ausmisten an. Eine zweite Staffel der Serie kam bisher nicht. Dafür hat Netflix nun „The Home Edit: Jetzt wird aufgeräumt“ veröffentlicht. Das Timing passt perfekt in die Corona-Krise, wo man wegen der Pandemie gezwungen ist, mehr Zeit zu Hause zu verbringen und dem Chaos nicht entkommt.

„Home Edit“ wie die Serie heißt die Firma der beiden Amerikanerinnen Clea Shearer und Joanna Teplin, mit Hauptsitz in der Country-Hochburg Nashville, Tennessee. Acht Folgen lang sieht man sie beim Aufräumen, die erste Hälfte der Folge immer bei Prominenten (darunter Reese Witherspoon, Eva Longoria und Neil Patrick Harris), die zweite Hälfte bei normalen Menschen, die sich zuvor auf Social Media beworben haben.

Die Kunden lassen aufräumen

Der Prozess des Aus- und Aufräumens fällt recht kurz aus. Ein paar Schnitte und schon ist der Kasten oder – mehrfach – die Speisekammer neu geordnet. Dabei gehen Clea Shearer und Joanna immer gleich vor: Ein kurzes Gespräch, was der Kunde sich vorstellt. Dann werden „Zonen“ abgesteckt: in einer Speisekammer etwa eine Frühstücks-Zone, eine für Abendessen, eine für Snacks etc. Und dann wird eingeräumt: Dafür brauchen die beiden sympathischen und sehr überschwänglichen Aufräum-Expertinnenn viele Schachteln: „We need a lot of product“, lautet ihr Schlachtruf in jeder Folge. Ihre Firma vertreibt diese Produkte freilich auch. Es handelt sich dabei meist um transparente Behälter in verschiedensten Formen und Größen.

Man „editiert“ also, stellt Gleiches zu Gleichem, räumt Gleiches zu Gleichem in Kistchen neben Kistchen. Beziehungsweise lässt editieren: Denn die beiden Firmenchefinnen und ihre Mitarbeiterinnen – darunter die immer gut gelaunte Sumner – räumen für ihre Kunden auf, die selbst nicht mithelfen. Die Auftraggeber sehen zuerst das Chaos, dann die Ordnung: Dieser oft mit Euphorie einhergehende Überraschungseffekt macht sich gut im Fernsehen.

(c) NETFLIX (CHRISTOPHER PATEY/NETFLIX)

Wie gut ein System, an dem man nicht selbst mitgearbeitet hat, hält, ist fraglich: Wird Katelyn aus Folge acht die Chips künftig wirklich immer vom Sackerl in einen Plastikcontainer schütten? Werden die zehnjährigen Zwillinge aus Folge sechs ihre farblich sortierten Bücher auch wirklich dorthin zurückstellen, wo sie hingehören? Dass die Ordnung oft nicht von Dauer ist, sieht man schon in Folge zwei: Die Stylistin Rachel Zoe lässt ihren Schrankraum bereits zum zweiten Mal neu sortieren.

„Does it spark joy?“ fragte Marie Kondo

Die Masse an Kleidung, Schuhen, Taschen, die man hier sieht, ist überwältigend. In dieser Hinsicht passt sich „The Home Edit“ besser ans westliche Konsumverhalten an als Marie Kondo. Die zierliche Japanerin weist ihre Kunden an, alle Exemplare einer Gruppe (Kleidung, Bücher) auf einen Haufen zu geben und sich dann bei jedem einzelnen Stück die Frage zu stellen: „Does it spark joy?“ Alles, was keine Freude macht, müssen sie selbst weggeben. Massenhaft werden nach dieser Methode Dinge weggeworfen (oder gespendet).

Weniger ist für Kondo mehr. Mehr als 30 Bücher braucht man ihrer Meinung nach nicht. „The Home Edit“ ist nie so radikal. Die vielen Besitztümer der Kunden werden hübsch verstaut und farblich sortiert, ihre Menge oder ihr Zweck weniger stark hinterfragt.

Welches System nachhaltiger ist? Wohl eine Frage des Lifestyle.

„The Home Edit: Jetzt wird aufgeräumt“ (im Original: Ge Organized With the Home Edit), auf Netflix. Marie Kondo soll im neuen Netflix-Format Sparking Joy with Marie Kondo“ eine ganze Kleinstadt ausmisten lassen, ein Ausstrahlungsdatum ist noch nicht bekannt.

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