Google Street View: Streit um Datenschutz

Scharfe Kritik der FDP am Koalitionspartner: Es fehle eine effektive Kontrolle des Unternehmens.

Berlin (APA/APN/sei). In ganzseitigen Anzeigen in deutschen Medien versucht der US-Internet-Konzern „Google“ derzeit, die Wogen zu glätten: Der Service-Dienst „Google Street View“ steht in der Kritik, Datenschützer sehen das Recht auf Privatsphäre durch den Dienst gefährdet.

Worum geht es: Monatelang hat Google mit Spezialkameras bestückte Fahrzeuge durchs Land geschickt und entlang der Straßen und Wege fotografiert. „Google Street View“ ermöglicht dem Benutzer, bei der Eingabe einer Adresse eine Straßenansicht aufzurufen. Mit der Maus kann man sich auf der Straße vor- und zurückbewegen, die Ansicht ist frei drehbar, man bekommt einen Eindruck von dem Straßenzug.

Benutzt wird dieser Service etwa, um sich einen zu fahrenden Weg einzuprägen oder eine Gegend, in der man eine Wohnung mieten oder kaufen will, vorher virtuell zu erkunden. Es gebe aber genügend Missbrauchsmöglichkeiten, wird kritisiert: Einbrecher könnten die Lage einer Wohnung genau ausspähen, Neider würden auf den Plan gerufen, wenn sie das propere Einfamilienhaus des Kollegen oder der Bekannten sähen.

Nun sorgt die Debatte über mangelnden Datenschutz bei Google für Koalitionszwist in Berlin: Verbraucherschutz-Ministerin Ilse Aigner (CSU) wurde von der stellvertretenden FDP-Fraktionschefin im Bundestag, Gisela Piltz, kritisiert. Es stelle sich die Frage, was Aigner zum Schutz der Privatsphäre in puncto Google bisher auf den Weg gebracht habe, sagte Piltz in der „Berliner Zeitung“. Kritisiert wird, dass eine effektive Kontrolle des Unternehmens fehle.

EU schaltet sich in Streit ein

Der Street-View-Service geht in Deutschland noch dieses Jahr in Betrieb, wie Google am Dienstag mitteilte. Bis Jahresende soll er für die 20 größten Städte Deutschlands laufen. Google machte einige Zugeständnisse an die Datensicherheit: Gesichter und Nummernschilder auf den Bildern werden wie in anderen Ländern unkenntlich gemacht. Außerdem können Mieter und Eigentümer vier Wochen lang beantragen, dass ihr Haus ausgeblendet wird.

EU-Justizkommissarin Viviane Reding forderte Google allerdings nun auf, die Datenschutzbestimmungen der EU einzuhalten und den Hausbesitzern eine mindestens sechswöchige Widerspruchsfrist einzuräumen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2010)

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