Duisburgs Bürgermeister Adolf Sauerland lehnt einen sofortigen Rücktritt nach wie vor ab und räumt auch keine persönliche Schuld an der Loveparade-Tragödie mit 21 Toten ein. Er will die Aufklärung abwarten.
Der umstrittene Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland schließt drei Wochen nach der Loveparade-Katastrophe persönliche Konsequenzen nicht aus - allerdings erst nach der Aufklärungsarbeit. "Natürlich stelle ich mir die Frage, ob man das Amt nach so einem tragischen Ereignis weiter ausüben kann. Aber diese Antwort werde ich erst dann geben, wenn ich die Antworten auf die uns alle bedrückenden Fragen habe", sagt Sauerland laut WDR-Mitteilung in der TV-Sendung "Kreuzverhör", die am Sonntag ausgestrahlt werden sollte.
Sauerland lehnt einen sofortigen Rücktritt nach wie vor ab und räumt auch keine persönliche Schuld ein: "Es muss geklärt werden, wer der Verursacher dieses tragischen Ereignisses war. So weit sind wir noch nicht." Das Stadtoberhaupt wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe vor der Loveparade, bei der 21 Menschen tödlich verletzt wurden, darauf hingewirkt, sie unter allen Umständen zu veranstalten. Bei der Sicherheit habe man keine Kompromisse gemacht.
"Wir haben als Verwaltung unsere Vorstellungen durchgesetzt und sind nicht zurückgewichen." Der Veranstalter habe deswegen seine Konzepte nachbessern müssen. Der Oberbürgermeister betonte, wie sehr ihn das Unglück mitnehme: "Jeden Morgen, wenn ich wach werde, wünsche ich mir, dass alles das, was wir erlebt haben, nur ein böser Traum ist, aber es ist Realität."
Der Weg zur Loveparade wurde zur tödlichen Falle: Bei einer Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg sind am 24. Juli 21 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 500 Menschen wurden verletzt. (c) APN (Hermann J. Knippertz) 13 Frauen und acht Männer starben im Gedränge an einem Zugangstunnel. Unter den Toten sind zwölf Deutsche, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft Duisburg mit. (c) Reuters (WOLFGANG RATTAY) Die Opfer stammen auch aus Deutschland, den Niederlanden, Australien, Italien, China, Spanien und Bosnien. (c) APN (Hermann J. Knippertz) Zu der Panik unter den Besuchern war es vor dem Loveparade-Gelände am ehemaligen Güterbahnhof in einem Tunnel gekommen. (c) APN (Hermann J. Knippertz) Viele Besucher seien bei dem Andrang umgekippt. Vor dem eingezäunten Gelände des Güterbahnhofs hatte sich der Besucherstrom gestaut, einige wollten auch schon wieder nach Hause. Der Tunnel war dabei ein Nadelöhr. Dabei entstand Gedränge. (c) APN (Hermann J. Knippertz) "Zu Todesfällen kam es ausschließlich außerhalb des ebenfalls zum Veranstaltungsgelände gehörenden Tunnels", sagten die Ermittler. (c) APN (Hermann J. Knippertz) 16 Tote seien auf der westlichen Seite der Zugangsrampe gefunden worden, davon 14 im Bereich einer abgesperrten Metalltreppe und zwei an einer Plakatwand zu Anfang des Aufgangs. (c) APN (Hermann J. Knippertz) Nach Zeugenaussagen am Tunneleingang eine unerträgliche Enge. Menschen versuchten, eine Mauer und eine Treppe hinaufzuklettern. Als einige von ihnen aus mehreren Metern Höhe in die Menschenmasse unter ihnen stürzten, brach nach Polizeiangaben Panik aus. (c) EPA (PETER MALZBENDER / POOL) Organisatoren und Verantwortliche sahen sich am Sonntag harten Vorwürfen ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt nach der Tragödie wegen fahrlässiger Tötung. (c) APN (Mario Vedder) Offen ist, wie viele Menschen sich zum Zeitpunkt der Tragödie in der Partyzone aufhielten: Die Zahl der Teilnehmer reicht von 105.000 Menschen, die mit der Bahn zum Feiern reisten, bis hin zu 1,4 Millionen Ravern, die sich in der Stadt aufgehalten haben sollen. (c) APN (Hermann J. Knippertz) Die abgeschlossene Partyzone sei für rund 300.000 Feiernde ausgelegt gewesen, sagte der Leiter des Krisenstabs, Wolfgang Rabe. Der Platz sei zum Zeitpunkt des Unglücks nicht vollständig gefüllt gewesen. (c) APN (Mario Vedder) Die Autobahn A59, die direkt neben dem Gelände entlangläuft, wurde für den Verkehr gesperrt, damit Rettungshubschrauber landen konnten. (c) EPA (FREDEDERIC VICTOR SCHEIDEMANN) Ein Tunnel als einziger Fluchtweg habe zur Katastrophe geführt, kritisierte die Gewerkschaft der deutschen Polizei (GdP) das Sicherheitskonzept der Veranstalter. Es sei sehr gefährlich, bei Massenveranstaltungen das Gelände fast komplett einzuzäunen. (c) REUTERS (Kirsten Neumann) Die Toten seien Opfer "materieller Interessen eines Veranstalters, der unter dem Deckmäntelchen der 'Kulturhauptstadt 2010'" Druck ausgeübt habe, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der DPolG, Wolfgang Orscheschek (c) AP (Frank Augstein) Duisburger Stadtpolitiker seien "in die Enge getrieben" worden, so dass sie trotz eindringlicher Warnungen aus dem Sicherheitsbereich nur "ja" sagen konnten. Polizei und Feuerwehr "haben im Vorfeld ihre Vorbehalte geäußert", sagte Orscheschek. (c) REUTERS (THOMAS PETER) Viele Augenzeugen erhoben schwere Vorwürfe. Der schmale Tunnel sei "das programmierte Chaos" gewesen, sagte ein Loveparade-Teilnehmer. Der Tunnel habe keine Fluchträume zugelassen. (c) APN (Hermann J. Knippertz) Nordrhein-Westfalens neue Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte, sie sei "total betroffen" und fühle mit den Angehörigen der Gestorbenen. Kraft bezeichnete den Zugangstunnel als "Nadelöhr". (c) APN (Hermann J. Knippertz) Die Loveparade soll es nach Angaben des Veranstalters Rainer Schaller nun nicht mehr geben. (c) EPA (FREDRIK VON ERICHSEN) 1989 in Berlin unter dem Motto "Friede, Freude, Eierkuchen" gegründet, fand das fröhliche Techno-Event seit 2007 im Ruhrgebiet statt. Im vergangenen Jahr fiel die Loveparade aus: Die Stadt Bochum hatte die Ausrichtung unter anderem aus Sicherheitsgründen abgesagt. (c) REUTERS (Kirsten Neumann) Die dritte Loveparade im Ruhrgebiet war am Nachmittag friedlich gestartet. (c) APN (Hermann J. Knippertz) Ab 14 Uhr rollten 15 sogenannten Floats über das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs der Ruhrgebietsstadt. Erstmals fuhren die Paradewagen nicht wie in früheren Jahren durch die Innenstadt, sondern auf einem abgesperrten Gelände im Kreis - das Gelände, das 19 Menschen zum Verhängnis wurde. (c) EPA (RENEÂ TILLMANN) Dr. Motte, der Erfinder der Loveparade, forderte Konsequenzen aus dem Unglück von Duisburg. "Das ist das Wenigste, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und Buße tun", sagte er. "Das wird auf jeden Fall ein Nachspiel haben." (c) REUTERS (Kirsten Neumann) (APA)
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