Energieeffizientes Bauen

Wertvolle Energie nicht ungenutzt in den Kanal fließen lassen

Kevin Baquerizo/Unsplash
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Innsbrucker Forscher wollen Wärme aus dem Abwasser sinnvoll verwenden, und das in jedem Haushalt: Ein Wärmetauscher kann das heiße Wasser vom Abfluss einer Dusche nutzen, um den Frischwasserzulauf für die Duschenden anzuwärmen.

„Wir haben uns schon in unserer Jugend gefragt, wo das Abwasser hinfließt und ob man diese Verschwendung von Warmwasser nicht irgendwie mindern kann“, sagt Pavel Ševela vom Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen der Uni Innsbruck, der sich seit seiner Masterarbeit mit nachhaltigem Bauen und Klimaschutz beschäftigt. Gemeinsam mit den Kollegen Johannes Frenger und Rainer Pfluger hat Ševela nun eine Lösung entwickelt, wie man diese Energieverschwendung stoppen kann: Das Abwasser soll nicht direkt in den Kanal fließen, sondern vorher soll die im Wasser gespeicherte Energie in einem Wärmetauscher eingesetzt werden, um das kalte Frischwasser vorzuwärmen.

Wie bei Wüstenfuchs und Pinguin

Im Tierreich sind Wärmetauschersysteme überall zu finden, wenn entweder überschüssige Hitze abgegeben werden muss, etwa bei Wüstenfüchsen und ihren großen Ohren, die das Blut kühlen. Oder wenn der Körper vor eiskalten Temperaturen geschützt wird, etwa bei Pinguinen, die ihr Blut in den Füßen im Gegenstromprinzip anwärmen, bevor es vom Boden hinauf zum Rumpf fließt. So bleibt Wärme bzw. Kälte da, wo sie sein soll. Häuslbauer kennen Wärmetauscher auch vom Swimmingpool, der mit solchen Systemen gewärmt werden kann.

Ševelas Team, zu dem auch Mikrobiologen und Produktdesigner zählen, nennt die Erfindung, die von einem Spin-off-Fellowship der Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert wird, Sophie, die smarte Dusche. „Wir haben gesehen, wie schnell der Markt reagiert hat, als durch Anreize der Regierungen in Europa die Heizungsverluste von Gebäuden verringert wurden: Schnell gab es verschiedene Technologien zur Reduzierung der Wärmeverluste der Gebäudehülle, was einen großen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Heute macht die Heizung in gut renovierten oder neu gebauten Häusern weniger Verbrauch als Warmwasser oder Elektrizität aus“, sagt Ševela.

Doch bei der Rückgewinnung der Wärme aus dem Abwasser hat sich noch nicht viel getan, und das wollen die Innsbrucker Forscher ändern. „Es braucht ein Umdenken des ganzen Warmwassersystems und der Gebäudetechnik. Weg von zentralen Systemen für Warmwasser, die meistens mit der Heizung kombiniert sind, hin zu dezentralen Lösungen.“ Denn bei der zentralen Versorgung über Therme, Durchlauferhitzer und Boiler gehen große Energiemengen, die ins Aufheizen gesteckt werden, bei Speicherung und Verteilung des warmen Wassers verloren. Diese Verluste wollen die Forscher retten und damit das Klima schonen, wenn Haushalte in Zukunft weniger Energie in die Warmwasser-Erhitzung stecken.

„Unser Prototyp ist ein kompaktes All-in-one-System, das so einfach zu installieren ist wie ein Toilettenkasten. Man braucht nur drei Anschlüsse: Strom, Frischwasser, Abwasser.“ In der Box, die hinter den Fliesen des Badezimmers verschwindet, läuft das Abwasser aus der Dusche in einer Leitung eng umschlungen entlang der Leitung mit dem Frischwasser, das als bis zu sechs Grad Celsius kaltes Grundwasser daherkommt. In diesen Leitungen geht die Abwasserwärme im Gegenstromprinzip direkt in die Frischwasserzufuhr über. Das lauwarme Wasser kommt dann in ein smartes Heizelement, um das Wasser für die Duschenden mit angenehmen 40 Grad zu liefern.

Egal ob Ein- oder Mehrfamilienhaus

„Dieses System braucht nur ein Sechstel der Energie herkömmlicher Methoden“, sagt Ševela, der betont, dass diese Wärmerückgewinnung unabhängig vom Haustyp funktioniert. Egal ob Einfamilien- oder Mehrparteienhaus, die Installation des dezentralen Wärmeelements dauert circa eine Stunde und soll nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch Kosten für die Bewohner einsparen. Das Projekt läuft noch bis Mai 2021, und die Forscher suchen nach Fördergebern für die Marktumsetzung des Produkts.

„Derzeit laufen Befragungen mit Bauträgern, Handwerkern und Planern, um die Technologie passend zu bestehenden Systemen zu gestalten.“ Als ideale Partner für erste Pilotprojekte denkt Ševela an Hotels und Sportstätten, also Gebäude, in denen sehr viel geduscht wird: „Dort amortisiert sich unser System sicher am schnellsten.“

In Zahlen

40 Grad warmes Wasser nutzen wir im Durchschnitt für sechs Minuten, wenn wir unter der Dusche stehen.

66 Prozent des gesamten Warmwasserbedarfs werden in einem Wohngebäude mindestens für das Duschwasser aufgewendet. Das ist mehr als für Kochen, Geschirr- und Wäschewaschen, Badewanne und Handwaschbecken zusammen.

80 Prozent der Energie, die bisher zur Erwärmung von Duschwasser gebraucht wird, soll der Wärmetauscher einsparen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2020)

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