Mit 15 Legionären aus Österreich startet am Freitag die Deutsche Bundesliga. Die Rekordmarke zeigt, dass die individuelle Entwicklung der Spieler stimmt. Ob sie bei ihren Vereinen aber zum Einsatz kommen, geschweige denn Erfolg haben, bleibt abzuwarten. Eines aber ist fix: Gastspiele in Deutschland steigern den »Marktwert«.
Von wegen, Österreicher könnten nicht kicken. Ein ganzes Team könnte Teamchef Didi Constantini allein aus den Legionären, die in Deutschland ihr Glück versuchen, zusammenstellen. Vor dem Ligastart am Freitag richten sich die Blicke auf 15 Österreicher – eine neue Rekordmarke.
Die bisherigen Höchstmarken wurden 1996/97 (Andreas Herzog, Toni Polster, Wolfgang Feiersinger, Heimo Pfeifenberger, Markus Schopp, Harald Cerny, Franz Wohlfahrt, Stefan Marasek, Michael Wagner) und 1999/2000 (Herzog, Cerny, Wohlfahrt, Feiersinger, Westerthaler, Stranzl, Christian Prosenik, Marcus Pürk, Markus Weissenberger) mit jeweils neun ÖFB-Spielern erzielt.
Die „Süddeutsche Zeitung“ widmete dem „Ösi-Experiment“ einen Beitrag. „Schupferl im Piefke-Land“ – Gaberln, Gurkerln und Scheiberln stehen hoch im Kurs. Auch „Die Presse am Sonntag“ stellt die „Ösis“ vor, mit ihren Stories, Einsatzchancen und Marktwerten (Quelle: Transfermarkt.at).
David Alaba: höher auf der Karriereleiter
Der 18-jährige Wiener mit Austria-Vergangenheit war einer der Gewinner der Vorbereitung beim FC Bayern. Weil sich der Meister bei der Linksverteidigersuche nur Abfuhren einhandelte, werden sich dem ÖFB-Küken (Marktwert: zwei Millionen €) in dieser Saison einige Chancen auf Einsatzminuten bieten.
Marko Arnautović: Bremer Problemkind
Der 21-Jährige gilt als Österreichs größtes Talent, er glänzt aber auch durch verbale Ausrutscher, Skandale und seine Exzentrik. Bei Inter Mailand saß der Stürmer (Marktwert: 8,5 Mio. €) im Vorjahr nur auf der Bank, auch mit Werder-Trainer Schaaf gab es bereits Probleme. Fällt der Floridsdorfer mit serbischen Wurzeln auch in Bremen durch, ist der Höhenflug vorerst vorbei. Bei Werder interessiert seine Vorliebe für Luxuskarossen wie Bentley nicht, in Deutschland ist Leistung gefragt. Bringt Arnautović sein Können auf dem Platz nicht zur Geltung, sitzt er wieder nur auf der Bank.
Sebastian Prödl: der ruhige Stadtmusikant
Seit 2008 verdient der Innenverteidiger, 23, sein Geld bei Werder Bremen. Verletzungen und der interne Kampf ums Leiberl machten dem ehemaligen Sturm-Spieler (Marktwert: 2,75 Mio. €) schwer zu schaffen. Vorerst steht er in der Startformation, Stammplatzgarantie gibt es für ihn keine.
Martin Harnik: halber Deutscher, halber Ösi
Staatsbürgerschaften hat der 23-Jährige zwei, aber nur für Österreichs Nationalteam ist er spielberechtigt. Eben von Düsseldorf nach Stuttgart gewechselt, schoss er (Marktwert: 1,6 Mio. Euro) für die Schwaben in der Europa-League-Qualifikation gleich bei seinem ersten Auftritt ein wertvolles Tor.
Andreas Ivanschitz: in Mainz unter Druck
Besser hätte der Mittelfeldspieler, 27, vergangene Saison bei Mainz nicht starten können, mit sechs Toren und vielen Assists. In der Rückrunde stürzte der Burgenländer (Marktwert: 3,5 Mio. €), einst bei Rapid, Salzburg und Panathinaikos Athen, aber ab. Sein ÖFB-Comeback platzte – nun müssen Taten folgen.
Christian Fuchs: Liebe auf den zweiten Blick
„Den würden wir auch ablösefrei nicht nehmen“, meinte Mainz-05-Manager Christian Heidel noch im Juli über den 24-Jährigen (Marktwert 3,25 Mio. €), als er sich von seinem Ex-Klub Bochum losklagen wollte. Seitdem der Transfer fix ist, freut sich Mainz aber auf eine freistoßgefährliche Abwehroption.
Ümit Korkmaz: Bleibt der Pechvogel fit?
2008 war der Frankfurter Spieler der Saison, 2009 wurde er wegen seiner dicken Krankenakte zum Pechvogel des Jahres gewählt. Der Mittelfeldspieler (Marktwert 2,5 Mio. €) hat das Potenzial für den Durchbruch schon angedeutet. Dafür braucht der Ex-Rapidler aber eine Pause von den Verletzungen.
Andreas Ibertsberger: nach dem Krisenjahr
Als Hoffenheim 2008 die Liga aufmischte, zeigte auch der Stammspieler starke Vorstellungen. Analog zum seitherigen Absturz des Vereins entwickelte sich auch die Leistung des 28-Jährigen. Zudem wurde der Ex-Nationalspieler (Marktwert 2,5 Mio. €) von Verletzungen gebremst. Heuer wird er mit Andreas Beck um den Posten als Rechtsverteidiger kämpfen müssen.
Ramazan Özcan: das große Talent
Um ein Haar wäre der Vorarlberger wieder im Kader von Salzburg gelandet – ablösefrei. Der 26-Jährige, als „das Tormanntalent“ gehandelt, bleibt aber in Hoffenheim. Ob sich Özcan (Marktwert: 300.000 Euro) als Einser-Goalie durchsetzen kann, bleibt abzuwarten, bei Beşiktaş Istanbul, wohin er zuletzt verliehen war, gelang ihm das nicht.
Bernhard Janeczek: ohne Krücken
In Gladbach ist der 18-Jährige schon länger zu Hause. Seit März ist er auch in der ersten Mannschaft spielberechtigt. Doch ein gebrochener Knöchel und schwere Bänderverletzungen machten dem Ex-Rapidler (Marktwert: 100.000 Euro) zuletzt zu schaffen. Die Krücken hat der Verteidiger mittlerweile aber wieder in die Ecke gestellt.
Emanuel Pogatetz: Mann für Härtefälle
Der Abwehrspieler, 27, galt bei Middlesbrough, Spartak Moskau oder beim GAK stets als Eisenfuß, nicht umsonst wird er von Fans „Mad Dog“ gerufen. Bei Middlesbrough konnte er den Abstieg nicht verhindern und spielte eine Saison in der zweiten englischen Liga. Nun soll der Steirer (Marktwert: 3,5 Mio. €) Hannovers Abwehr Sicherheit verleihen. Sie ist im Abstiegskampf auch dringend nötig.
Rubin Okotie: im jungen Kollektiv
Den Trainingsbeginn mit den Nürnbergern verpasste der 23-jährige Ex-Austrianer: Okotie hatte einen grippalen Infekt erwischt. Doch der Angreifer (Marktwert: 1,7 Mio. Euro) will schon in den nächsten Tagen wieder ins Geschehen eingreifen. Was ihm an Nürnberg gefällt: „Dass man hier mit vielen jungen Kickern erfolgreich Fußball spielt.“ Okotie muss trotzdem um sein Leiberl „raufen“.
Marco Knaller: Saison beginnt zu spät
Als dritter Torwart bei Kaiserslautern kam der Sohn von Torhüter Walter Knaller zu einigen Testspieleinsätzen, weil sich sowohl Einser-Keeper Tobias Sippel als auch sein Ersatz Kevin Trapp verletzt hatten. Der 23-Jährige (Marktwert 150.000 €) wird aber meist bei den Amateuren halten, seine Konkurrenz wird zum Saisonstart wieder fit.
Erwin Hoffer: In »Lautern« der Hit
Der Stürmer, 23, erlebte im Vorjahr ein „blaues Wunder“ – beim SSC Neapel saß der ehemalige Rapidler nur auf der Bank oder kam im Cup zu Kurzeinsätzen. Aufsteiger Kaiserslautern lieh sich Hoffer (Marktwert 3,3 Mio. €) nun für ein Jahr aus. Der Start beim vierfachen Meister war schmerzhaft – nach einem Foul verlor „Jimmy“ vier Zähne. Er will sich dennoch „durchbeißen“, auch der Einstand gelang: Hoffer schoss Kaiserslautern im DFB-Pokal gegen Osnabrück mit zwei Toren zum 3:2-Sieg.
Clemens Walch: der Neu-Lauterer
Vor einem Jahr schoss sich der Tiroler, 23, in Stuttgarts erste Mannschaft und verbuchte zwei Einsätze. Seit Donnerstag hat Walch (Marktwert: 300.000 €) eine neue Heimat: Er ist neben Hoffer und Knaller der dritte Österreicher im Kader der Lauterer. Ob er beim Aufsteiger viel Spielzeit erhält, ist fraglich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.08.2010)