Die Feministin Alice Schwarzer geht in ihrem jüngsten Buch, „Lebenswerk“, auf ebendieses ein – inklusive aller Anfeindungen. Ein Vorabdruck.
„Wie halten Sie das aus, Frau Schwarzer?“ Das ist die Frage, die ich auf jeder Veranstaltung irgendwann zu hören bekomme. Auf jeder. So auch heute, am 28. April 2019 im Düsseldorfer Schauspielhaus. Vor mir sitzen rund tausend Menschen, überwiegend Frauen, etwa ein Viertel Männer. Viele von ihnen, auch die Männer, werden nachher noch zum Signiertisch kommen, mich anstrahlen und Handyfotos mit mir machen. Aber jetzt sitzen sie da in dem halbdunklen Raum und halten die Luft an. Was sagt sie jetzt?
Ich habe inzwischen eine gewisse Routine, aber dennoch gibt diese Frage mir jedes Mal einen Stich ins Herz. Ja, wie halte ich es eigentlich aus? Ganz ehrlich, manchmal weiß ich es selber nicht. Denn schließlich geht das so seit 45 Jahren. Seit ich durch mein Streitgespräch mit Esther Vilar am 6. Februar 1975 eine öffentliche Person wurde. Schlimmer: eine öffentliche Feministin. Noch schlimmer: die Feministin Nr. 1. Die, die für alles verantwortlich ist. Dafür, dass eine Amerikanerin namens Lorena Bobbitt 1993 ihrem Mann den Penis abgeschnitten hat (nach jahrelangen Vergewaltigungen). Oder auch, falls Frau Seehofer ihrem Gatten jemals die Weißwürste kalt servieren sollte (was wohl nie der Fall sein wird, Gott behüte).