Krieg im Südkaukasus

Hauptstadt von Berg-Karabach mit Raketen angegriffen

via REUTERS
  • Drucken

Beide Seiten werfen sich den Einsatz ausländischer Kämpfer vor.

Bei den Kämpfen im Südkaukasus ist die Hauptstadt von Berg-Karabach nach Darstellung der Behörden vor Ort mit Raketen angegriffen worden. Das aserbaidschanische Militär habe Stepanakert am Sonntag erneut beschossen, teilte der Anführer der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach, Araik Arutjunjan, im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Es sei dabei auch auf zivile Objekte gezielt worden, so Arutjunjan. Einzelheiten nannte er zunächst nicht. Armenien sprach von Opfern, nannte aber keine Zahlen.

Als Reaktion drohte Arutjunjan, militärische Objekte in größeren Städten Aserbaidschans anzugreifen. Die Bevölkerung solle sich deshalb in Sicherheit bringen, schrieb er. Nach der Ankündigung seien Angriffe auf den Militärflughafen in der Stadt Ganja (Gandscha) geflogen worden. Aserbaidschan erklärte zu Mittag, es habe dabei einen Toten und vier Verletzte gegeben.

Der aserbaidschanische Verteidigungsminister Sakir Hassanow sprach von einer "Ausweitung der Kampfzone". Laut aserbaidschanischer Armee gab es schweres Artilleriefeuer auf Dörfer und Städte. Dabei soll es auch Opfer gegeben haben. Details wurden aber nicht genannt.

Unterdessen werfen sich die beiden Staaten gegenseitig den Einsatz ausländischer Söldner vor. Tausende ethnische Armenier seien bereits rekrutiert oder im Prozess für eine Stationierung, teilte das aserbaidschanische Außenministerium am Sonntag laut einer Aussendung der aserbaidschanischen Botschaft in Wien mit. Darunter seien Armenier aus Syrien, dem Libanon, Russland, Georgien, Griechenland und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch Ex-Militärs aus Griechenland seien demnach bereit, gegen Aserbaidschan zu kämpfen, berichtete die Botschaft unter Berufung auf griechische Medienberichte. Armenien hatte seinerseits Aserbaidschan bereits vor einigen Tagen vorgeworfen, ausländische Kämpfer ins Land gebracht zu haben.

Das Außenministerium in Baku kritisierte weiters, dass Armenien Journalisten im Rahmen seiner Militäreinsätze gegen Aserbaidschan ausnutze. Medienvertreter würden in Gebiete gebracht, in denen "aktive militärische Operationen" liefen, aber "offenbar absichtlich keine notwendigen Maßnahmen" ergreifen, um diese "klar von Militärangehörigen zu unterscheiden"

Merkel fordert Ende der Kämpfe

Der seit Jahrzehnten dauernde Konflikt zwischen den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken war vor einer Woche wieder aufgeflammt. Es handelt sich um die schwerste Eskalation seit Jahren. Das verarmte Armenien und das reiche Aserbaidschan geben sich gegenseitig die Schuld dafür.

Die beiden Länder kämpfen seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145.000 Menschen leben. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe.

Da das mehrheitlich christliche Armenien mit Russland verbündet ist und das mehrheitlich muslimische Aserbaidschan von der Türkei unterstützt wird, droht eine Ausweitung des Konflikts über die Region hinaus. Durch den Südkaukasus laufen zudem wichtige Erdgas-und Öl-Pipelines.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel forderte bei einem Telefonat mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinian erneut ein sofortiges Ende aller Kämpfe. Es sollte zudem eine "humanitäre Feuerpause" vereinbart werden, um Soldaten zu bergen.

(APA/Reuters/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Alexander Schallenberg
Österreich

Schallenberg: Berg-Karabach-Konflikt "Kollateralschaden von Covid-19"

"Die anhaltenden Entwicklungen rund um Berg-Karabach zeigen deutlich, dass wir vermeintlich kalte Konflikte nie außer Acht lassen dürfen", betonte Schallenber. Die Außenminister der EU-Länder kommen am Montag in Luxemburg zusammen.
Armenien und Aserbaidschan vereinbaren Waffenruhe
Feuerpause

Konflikt im Kaukasus: Waffenruhe für Berg-Karabach vereinbart

Die Feuerpause gilt ab Samstagmittag und soll dazu genutzt werden, um Kriegsgefangene und andere Inhaftierte auszutauschen und die Körper toter Soldaten in ihre Heimat zu überstellen.
Konflikt

Berg-Karabach: Armenien und Aserbaidschan beginnen direkte Gespräche

Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew bezeichnete die Gespräche als letzte Gelegenheit, um zu einer friedlichen Lösung in dem Konflikt zu kommen.
Russland

Moskau will in Berg-Karabach-Konflikt nun vermitteln

Außenminister Armeniens und Aserbaidschans heute in Moskau.
Russlands Präsident versucht zu vermitteln.
Berg-Karabach

Putin lädt Armeniens und Aserbaidschans Außenminister nach Moskau ein

Russland will im Konflikt um Berg-Karabach vermitteln. Ob die Konfliktparteien die Einladung annehmen, ist aber noch unklar.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.