Mein Montag

Als wir unsere Fremdwörter noch aus Frankreich holten

Auf dem Trottoir kann man nicht nur trotten, sondern auch laufen und springen.
Auf dem Trottoir kann man nicht nur trotten, sondern auch laufen und springen.(c) imago images/Westend61 (Eugenio Marongiu via www.imago-images.de)
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Bevor die Anglizismen hip wurden, waren noch Wörter wie Trottoir und Perron en vogue.

Anglizismen finden manche ja nicht so groovy. Und stimmt, manche Lehnwörter aus dem angloamerikanischen Raum sind echt nicht so das Highlight. Aber sorry, da muss man eben sein Mindset updaten. Apropos, wissen Sie eigentlich, wie man das französische Gegenstück zum Anglizismus nennt? Nein, weder Franzismus noch Franziskus, der korrekte Begriff ist Gallizismus. (Es gibt auch Französismus, aber das klingt eher nicht nach sprachlicher Crème de la Crème.) Wie auch immer, Gallizismen waren früher mehr en vogue als heute. Und so schwingt bei vielen eine Nostalgie mit. Nehmen wir etwa den Begriff, der einst für den Gehsteig verwendet wurde – Trottoir. Das hat im Französischen die gleiche Bedeutung, hergeleitet wird es vom Verb trotter, das quasi in Trab gehen bedeutet. Im Deutschen kennt man ja auch trotten, das für schwerfälliges, montones Gehen steht. (Man kann auch bummeln, dackeln, trödeln etc. sagen, aber das führt jetzt zu weit.) Kennen Sie auch noch einen Perron? So sagte man früher zum Bahnsteig. Abgeleitet ist es vom französischen Wort für Freitreppe – eine Außentreppe ohne Dach.

Manche Gallizismen wiederum durchlaufen einen Verballhornungsprozess – sagt Ihnen etwa das Potschamperl noch etwas? Dahinter steckt der pot de chambre, also der Zimmertopf. Hierzulande sagt man Nachttopf dazu, wenn man das überhaupt noch sagt bzw. erst einmal noch weiß, was das ist. Und wollte man früher eng mit jemandem tanzen, musste man auf einen Lamourhatscher warten. Gut, L'amour ist klar. Aber hatschen? Da gibt es die Theorie, dass das etwas mit der muslimischen Pilgerfahrt zu tun hat, der Hadsch. Das Wort dürfte allerdings im Deutschen lautmalerisch für schleppenden Gang entstanden sein, ähnlich wie latschen. Aber man kann natürlich auch einfach trotten dazu sagen. Comme tu veux . . .

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2020)

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