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Ermittler werten Spaten-Angriff vor Hamburger Synagoge als Mordversuch

(c) REUTERS (FABIAN BIMMER)
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Die Polizei geht von einem „antisemitisch motivierten Angriff“ auf den Studenten vor der Synagoge aus. „Das ist kein Einzelfall“, zeigte sich Außenminister Heiko Maas betroffen.

Ermittler in Deutschland werten den Angriff auf einen jüdischen Studenten vom Sonntag vor einer Hamburger Synagoge nach ersten Erkenntnissen als versuchten Mord - mutmaßlich aus Judenhass.

"Aufgrund der derzeitigen Einschätzung der Gesamtumstände ist bei der Tat von einem antisemitisch motiviertem Angriff auszugehen", teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft am Montag in Hamburg mit. Wegen der Bedeutung des Falles und wegen eines möglichen extremistischen Hintergrundes habe die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen. Beamte des Staatsschutzes sind im Einsatz.

Mit Klappspaten schwer verletzt

Der 29-jährige Deutsche mit kasachischen Wurzeln soll einen 26 Jahre alten jüdischen Studenten am Sonntag vor einer Synagoge mit einem Klappspaten angegriffen und schwer am Kopf verletzt habe. Die Gemeinde wollte laut Polizei am Sonntag das Laubhüttenfest Sukkot feiern. Auch das 26 Jahre alte Opfer sei auf dem Weg dorthin gewesen und habe das Gelände gerade betreten wollen. Der Student erlitt nach Angaben der Polizei keine lebensgefährlichen Verletzungen, wurde nach Informationen des "Hamburger Abendblattes" aber auf der Intensivstation eines Krankenhauses behandelt. Beamte, die zum Schutz der Synagoge vor Ort waren und den Vorfall beobachteten, hatten den Angreifer festgenommen. 

"Nach aktuellem Ermittlungsstand liegen keine Hinweise auf Mittäter vor", hieß es in einer Erklärung. Der mutmaßliche Täter sei unter einer Berliner Adresse gemeldet. Eine Überprüfung in Berlin habe aber ergeben, dass er dort seit 2019 nicht mehr wohnt. "Weitere Ermittlungen führten zu einer Wohnung in Hamburg-Langenhorn, in der sich der Beschuldigte unangemeldet aufhielt", hieß es weiter. In der Nacht auf Montag sei die Wohnung durchsucht worden. "In der Wohnung wurden Datenträger sichergestellt, deren Auswertung andauert."

Der Mann sei bisher polizeilich nicht in Erscheinung getreten. Nach seiner Festnahme hatten die Ermittler einen Zettel mit einem handschriftlich aufgemalten Hakenkreuz in seiner Hosentasche gefunden. "Die Ermittlungen zur Herkunft der vom Beschuldigten getragenen Bundeswehruniform dauern ebenfalls an", hieß es.

„Widerlicher Antisemitismus"

Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) verurteilte die Attacke scharf. "Das ist kein Einzelfall, das ist widerlicher Antisemitismus und dem müssen wir uns alle entgegenstellen", schrieb Maas am Sonntagabend auf Twitter. "Meine Gedanken sind bei dem Studenten, ich wünsche gute Genesung." Nach dpa-Informationen soll der Täter einen Zettel mit einem Hakenkreuz in seiner Hosentasche gehabt haben.

Sollte sich ein antisemitischer Hintergrund bestätigen, würde das dunkle Erinnerungen an den Anschlag auf das jüdische Gotteshaus in Halle vor fast einem Jahr wecken. "Die Frage ist, was haben wir nicht gelernt seit Halle?", sagte Landesrabbiner Shlomo Bistritzky von der Jüdischen Gemeinde Hamburg, der nach eigenen Angaben wenige Minuten nach der Tat eintraf. "Alle waren sehr, sehr schockiert."

9. Oktober 2019

Am 9. Oktober 2019 hatte der schwer bewaffnete Rechtsextremist Stephan Balliet versucht, die Synagoge in Halle zu stürmen und ein Massaker unter 52 Besuchern anzurichten. Die begingen dort zu dem Zeitpunkt den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Als ihm dies nicht gelang, erschoss er eine Passantin und in einem Dönerimbiss einen 20 Jahre alten Gast. Auf seiner Flucht verletzte der Deutsche mehrere Menschen teils sehr schwer. Gegen ihn läuft am Oberlandesgericht Naumburg der Prozess.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte: "Ich bin bestürzt über den Angriff vor einer Synagoge in Hamburg." Die Polizei kläre nun die Hintergründe der Tat auf. "Ich wünsche dem Opfer viel Kraft und baldige Genesung. Hamburg steht fest an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger."

(APA)

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