Nachruf

"Weiter leben" - ohne Ruth Klüger

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Aus ihrem Schicksal als Holocaust-Überlebende entwickelte die in Wien geborene US-Germanistin Zeitzeugnisse von literarischer Kraft: Zum Tod einer intellektuell und moralisch Klarsichtigen.

Was denkt sich wohl eine Frau, die einst als Kind ihren Vater im Holocaust verlor und mit ihrer Mutter Theresienstadt und Auschwitz überlebte - wenn eine Leserin sie begeistert um eine Signatur ihrer Autobiografie bittet, mit den Worten: „I love the Holocaust!“?

Ruth Klüger, die so Angesprochene, hat diese Anekdote über die nicht immer ganz reinen Seiten der „Vergangenheitsbewältigung“ eher amüsiert und nachsichtig zum Besten gegeben. Ja, sie konnte Ressentiments haben, und sie wollte sie haben: Ressentiments seien „etwas sehr Gutes, deretwegen man sich nicht schämen muss“, sagte sie in einem „Presse"-Interview. Ihre Autorität als sprachmächtige Zeitzeugin, Autorin und Germanistin kam dennoch ohne Selbstgerechtigkeit aus. Wenn Klüger Kritik übte, dann um der Sache willen.

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